Auf den Spuren von Amorbidius – Wege für Pärchen: Innenstadtoasen
Und so mache ich mich also auf, meinen kühnen Plan, allen offiziellen Eiden zuwiderhandelnd, künftig Liebe statt Misanthropie zu verbreiten, in die Tat umzusetzen. Alten Beamtengewohnheiten folgend, begebe ich mich in den Wiener Untergrund, wo ich seit Jahrzehnten höchst erfolgreich und sehr zum Lobe meiner Vorgesetzten für morgendliche Missstimmung und mürrische Gesichter in den U-Bahnen der Stadt gesorgt hatte. Dort kenne ich mich aus. Denn von der Liebe habe ich, wie gesagt, nur wenig Ahnung. Ich selbst war überhaupt noch nie verliebt, denn das gehört sich für einen Grantbeamten in meiner Position einfach nicht! Die Liebe ist absolutes Neuland für mich und die gewohnte Umgebung gibt mir ein wenig Sicherheit. Nun gilt es geeignete Versuchsobjekte für meine erste Liebesstiftung ausfindig zu machen. Mein Blick fällt auf einen gut aussehenden, aber etwas traurig dreinblickenden jungen Mann und eine ebenfalls verzagt wirkende junge Frau, die auf eine, wegen eines »technischen Gebrechens zu unregelmäßigen Fahrzeiten« verspätete, U3 warten – etwas wofür früher ich Sorge getragen hatte. »Hervorragend«, denke ich mir und ziehe einen von Amors Liebespfeilen aus dem Köcher, spanne die Sehne des Bogens und verschieße meinen ersten Pfeil. Als wenig geübter Schütze treffe ich Leon, den ich als Versuchsobjekt meiner ersten Stiftung amouröser Verhältnisse auserkoren hatte, erst beim zweiten Versuch. Blattschuss! Direkt in Leon’s Herz! Als ich an Luise heranschwirre, verfehle ich mein Ziel zuerst. Der Liebespfeil prallt am U-Bahnwagen ab, erreicht ihr Herz aber durch eine glückliche Fügung dennoch. Der Anfang ist getan und ich bin mit meiner Leistung höchst zufrieden! Ich flattere in die U-Bahn, um zu sehen, welche Wirkung meine erstmalige Tätigkeit als Liebesschütze auf Leon und Luise haben würde und kann mit mir zufrieden sein. Die beiden steigen an der gleichen Station aus. Leon wollte eigentlich zum Bahnhof Wien Mitte, aber einer inneren Eingebung folgend, steigt er doch in der Herrengasse aus, um in der nahegelegenen Buchhandlung einen Reiseführer über die Amalfiküste zu erwerben. Jetzt müssen sich meine Versuchsobjekte nur noch kennenlernen! Zufälle im Leben sind ja häufige Gründe, um in ein erstes Gespräch und sich einander näher zu kommen. Und so stelle ich der jungen Dame ganz zufällig ein Bein, was sie stürzen und den Inhalt ihrer Handtasche über den Gehsteig verstreuen lässt. Der vom Liebespfeil Getroffene eilt galant zu Hilfe und so wird aus anfänglich schüchternen Blicken ein erstes Kennenlernen. Der Entschluss, einen Kaffee im nahegelegenen Palmenhaus im Burggarten zu trinken, war schnell gefasst. TRACKVERLAUF Unsere beiden, von Amors Pfeilen Getriebenen, machen sich auf, die Herrengasse entlang, überqueren den Michaelerplatz und spazieren durch die Reitschulgasse. Unterwegs passieren sie allerhand Sehenswertes, wie das Looshaus und die Augustinerkirche. Hier finden sonntags um 11:00 Uhr im Rahmen der Messe großartige Chorkonzerte statt, die Musikfreunde keinesfalls verpassen sollten. Als Leon und Luise an den Stallungen der Hofreitschule vorbeikommen, erfreuen sie sich am Anblick der weltberühmten Lipizzaner, die neugierig aus ihren Verschlägen schauen. Als Engel habe ich die dünne Kette der Absperrung schon einmal überflogen. Das Personal schaut gerne darüber hinweg, wenn man freundlich um Erlaubnis fragt – unter der Woche ist das kein Problem, an einem Samstag nicht unbedingt empfehlenswert. Weiter geht`s an der Albertina vorbei. Auch nach Kunstsinnigem ist den beiden gerade nicht zumute, und so streben sie plaudernd dem Burggarten entgegen, um in dem sonnigen Gastgarten des dortigen Cafés Platz zu nehmen. Das Palmenhaus bietet übrigens eine einzigartige Kulisse, um sich näher zu kommen, wenn ihr euch nicht ohnehin schon nahe seid. Im Burggarten lässt es sich picknicken, am Schoß des anderen liegend von der gemeinsamen Zukunft träumen oder euch Geschichten aus der Vergangenheit erzählen. Nachdem sich Leon und Luise bei einem angeregten Gespräch nähergekommen sind, entschließt man sich noch ein wenig durch den Burggarten zu schlendern. Von dort führt sie unser Track weiter den Ring entlang, durch das Burgtor zum Heldenplatz; dann zur Hofburg, um über den Michaela- und Ballhausplatz durch das Tor in den Volksgarten zum Rosengarten zu gelangen. Zwischen hunderten Rosenstöcken nehmen sie in einer ruhigeren Ecke Platz und tauschen ihren ersten zärtlichen Kuss aus! Sieg auf der ganzen Linie! Und das bei meinem ersten Versuch, dem ach so erschöpften Amor »ein wenig unter die Arme zu greifen«. »Die Liebe – Hach!«. Was gibt’s Schöneres für Frisch- und Langverliebte, als die Wiener Innenstadt händchenhaltend zu begehen. Es gibt zu sehen, zu bestaunen und gemeinsam zu genießen. Kultur, verborgene Knutschwinkel, Parks, um auf Wiesen liegend zu schmusen, oder einfach nur gemeinsam in den blauen Himmel zu schauen. Und so überfliege ich staunend den 1. Bezirk mit all seinen Impressionen, duftend grünen Parks, romantischen Gässchen und Innenhöfen und begreife langsam den Zauber der Liebe. AUGUSTINERKIRCHE Als ehemals morbider Engel, an der Augustinerkirche vorbeiflatternd, bleibt mir nichts anderes übrig, als die sogenannte »Herzerlgruft« als Trackpoint ins Programm zu nehmen. Es war König Ferdinand IV, der testamentarisch verfügte, dass sein Herz nach seinem Tod der Gottesmutter zu Füßen gelegt werden sollte. Damals entstand der Brauch, die Herzen der Habsburger in der nun geschaffenen Herzgruft beizusetzen. Leider ist dieser Teil der Kirche nicht öffentlich zugänglich. Aber die sogenannte Loretto-Kapelle ist unbedingt sehenswert und dass die Liebe etwas Unsterbliches sein möge, daran sollen euch die beigesetzten Herzen beim Besuch in der Augustinerkirche schließlich erinnern. GRÜNE INNENSTADTOASE Diese Parkanlage ist wohl eine der schönsten der Innenstadt. Sie wurde einst unter Mitwirkung von Kaiser Franz Joseph, einem ausgebildeten Gärtner, als englischer Landschaftsgarten angelegt und der Kaiser höchstpersönlich nahm auch die Auswahl neuartiger Pflanzen aus der ganzen Welt vor. Erst 1919 wurde die Anlage der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Und was soll ich euch sagen: kein besseres Plätzchen, um ersten Liebestaumel auszuleben, war mir auffindbar.Kaum wo lässt sich besser lauschige Zweisamkeit genießen, als in diesem 38.000m2 Park mit Wiesen, schattenspendenden Bäumen und einem groß angelegten Teich, an dessen Ufer es sich herrlich träumen lässt! Das Palmenhaus ist eine zusätzliche Attraktion dieser wunderbaren Anlage. Wer Durst oder Hunger bekommt, lässt sich in der darin untergebrachten Brasserie kulinarisch verwöhnen. Innen wie außen, im sommerlichen Garten ein absolutes Muss für Verliebte oder ein erstes Date! Die daneben befindliche Orangerie lässt sich übrigens für Feste mieten. Nur für den Fall, dass aus einer kleinen Amour ein offiziell-zeremonielles Ereignis wird. Wer Derartiges noch nicht planen will, sollte im danebenliegenden Schmetterlinghaus vorbeischauen. Die tropische Atmosphäre lässt den hormonell erhitzten Körper abkühlen und es gilt tausende freifliegende Schmetterlinge zu bestaunen, die sich bestens mit denen im Bauch vertragen. Kurz: Der Burggarten ist für alle Liebenden ein Pflichtbesuch. DIE WEISSE DAME Wie ich so in Richtung Volksgarten fliege, denke ich mir: »Besuch doch die liebe Kollegin aus dem Amt für Übersinnliches«. Sie narrte über Jahrhunderte die erzkatholischen Habsburger, die aber trotz ihrer weltberühmten Gottesfürchtigkeit, der sogenannten »Pietas Austriaca« immer als besonders abergläubisch galten. Nichts wie hin, denn sie war immer eine der originellsten Kolleginnen. Sie machte sich im 17., 18. und sogar bis ins 19. Jahrhundert hinein einen Spaß daraus, stets von Kopf bis Fuß weiß gekleidet (im 19. Jahrhundert trug sie zu allem Überfluss sogar noch einen modischen Damenhut), ruhig und gelassen an den gottesfürchtigen Leutchen vorbeizuschreiten und so plötzlich wieder zu verschwinden, wie sie aufgetaucht war. Die »Weiße Dame« konnte zu jeder Tages- oder Nachtzeit durch die Gemächer oder Höfe wandeln und ziemliche Verwirrung stiften – Großartigst! Ich habe sie stets für ihre Coolness bewundert. Versuchte ein Beobachter die schöne Frau zu verfolgen, so bog sie einfach um die nächste Ecke und ward nicht mehr gesehen. Dem Erscheinen der »Weißen Dame« im Zentrum der Habsburgermacht wurde lustigerweise stark prognostischer Charakter zugesprochen. Trug die vornehme Dame weiße Handschuhe, so stand nach allgemeiner Meinung eine Geburt in der Hofburg bevor, die bei den Habsburgern selbstverständlich eine vorherige Hochzeit bedingte. Hüllte die beamtete Geistergestalt hingegen ihre Hände in schwarze Handschuhe, stand ein Unglück, meist ein Todesfall, unmittelbar bevor. Zuletzt soll die »Weiße Dame« drei Tage vor der Ermordung von Thronfolger Franz-Ferdinand in Sarajewo 1914 gesehen worden sein. Seither ist ihr ziemlich fad in den verwinkelten Gemäuern der Hofburg. Ich werde ihr vorschlagen, sich künftig dem Bundespräsidenten zuzuwenden. Der wird Augen machen! ROSENDUFT IM ZAUBERGARTEN Noch immer in Amtsmissbrauchsstimmung flattere ich weiter. Nachdem ich den Volksgarten überfliegend, auf den wunderbaren Rosengarten stoße, kennt mein Entzücken keine Grenzen – so etwas Reizendes gibt’s in Wien? Da müssen Leon und Luise hin, keine Frage! Glückes Fügung brauche ich nichts anzustellen, denn meine Schützlinge finden den Weg ganz ohne mein Zutun in dieses kleine Paradies. Der Rosengarten ist nicht groß, dafür umso romantischer. Hier finden Liebende hunderte Rosenstöcke, ebenerdige Sträucher, aber auch zwei Meter hohe Rosenungetüme von einzigartiger Schönheit. Um all die Pracht genießen zu können, gibt es hier zahlreiche Bankerl und Sitzgelegenheiten. Optimal, um sich nach einem Stadtspaziergang eine kleine Pause zu gönnen und händchenhaltend über die hoffentlich strahlende Sonne zu freuen. Herrlich! Einfach nur sitzen und die liebenswerte Atmosphäre inhalieren, sich Zärtlichkeiten ins Ohr flüstern oder sich busselnd entspannen. Das ist der rechte Ort dafür. Ich bin begeistert! Es ist ein Platz, an dem Frisch- und Langverliebte gleichermaßen Freude haben, wo Studenten am Laptop statt zu arbeiten, romantische Mails an ihre Liebsten senden. Wo Jung und Alt Entspannung finden. Kurz – ein Garten, der sowohl von Einheimischen, als auch von Touristen genützt und genossen wird. Ein Track aus dem Buch BUSSI BUSSI Autor: Fred Stampach Comments are closed.
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