Wasser, Wiese, Wände – entlang des Donaukanals der aktiven Straßenkunst begegnen.
Die U-Bahn gleitet von Station zu Station. Schläfrig von der Monotonie dieser Situation, blicke ich mit halbgeöffneten Augen aus dem Fenster. Wieder bremst die Bahn ab, um in die nächste Haltestelle einzufahren. An der Wand ein Graffito – groß und in grellen Farben ist hier zu lesen: »Wenn du Mercedes fahren willst, ruf dir ein Taxi!« Schlagartig bin ich hellwach und beschließe, anstatt auf einer Einkaufsstraße dem Konsum zu frönen, ein paar Stationen weiter zu fahren, um nach mehr Kunstwerken der Anarchisten Ausschau zu halten. In Spittelau angekommen bin ich schon wieder ganz Urb – unternehmungslustig und entdeckungsfreudig! Dieser Track wird jeden begeistern, der Straßenkunst liebt, denn hier gibt es die etwa 3km langen »Wiener Wände«, auf denen sich jeder legal verwirklichen darf. Und Meisterwerke sind garantiert dabei! Auch sonst fehlt es nicht an Abwechslung: Wasser, Wiesen, Parks, Kultur- und Freizeitzonen, Lokale sowie besondere Schmankerln moderner und historischer Baukunst. TRACKVERLAUF Am Platz zwischen dem U-Bahn-Aufgang und der Müllverbrennungsanlage Spittelau befindet sich der Ausgangspunkt dieses Tracks. Von hier aus geht's über die Fußgängerbrücke Spittelau in Richtung Brigittenau, allerdings überquert man diese nicht vollständig, sondern nimmt den Lift bei der Parkgarage am Pier 9 um das rechte Donaukanalufer (stadteinwärts gesehen) zu erreichen. Unten angekommen geht es nun den Uferweg in Flussrichtung entlang für etwa 3,50km. Während dieses Marsches werden die Friedensbrücke, der Siemens-Nixdorf-Steg, die Roßauer-, Augarten-, Salztor-, Marien- und die Schwedenbrücke unterquert. Bei der Urania angekommen, umrundet man diese, wandert kurz die Uraniastraße entlang und überquert dann die Aspernbrücke. Auf der anderen Seite gibt es wieder einen Abgang zum Donaukanal, diesen nehmen und jetzt in Gegenflussrichtung wieder zurück bis zur Fußgängerbrücke Spittelau. Nach ihrer Überquerung findet man sich am Ausgangspunkt des Tracks wieder. HISTORISCHES Der Donaukanal hat sich gemausert. Seit dem 2. Weltkrieg wurde das Gebiet stiefmütterlich vernachlässigt, doch 2007 hat die Stadt Wien die Revitalisierung in Angriff genommen. Zwischen Spittelau und der Urania entsteht momentan eine urbane Zone mit interessanten Lokalen, modernen Kulturangeboten und Freizeitmöglichkeiten. Summer Stage, Flex, Pier 9, Adria Wien, Central Garden, das Badeschiff oder die Strandbar Herrmann sind der Anfang dieser Planung. Weiter geht`s mit einem Gourmetmarkt, einem Wellness-Schiff und jede Menge Erholungszonen. Wem dieses »bunte Treiben« zu viel ist, der findet allerdings noch genügend Rückzugsmöglichkeiten in dieser Zone. Die Idee mit den Badeschiffen ist übrigens nicht neu, denn schon um 1900 gab es vier verankerte »Strombäder« im Donaukanal zum Schwimmen und Relaxen. BOTSCHAFTEN AN DER WAND Höhlenmalereien, ägyptische Grabstätten, biblische Bildzyklen in Kirchen, Inschriften, Markierungen und »Kritzeleien« an antiken Bauwerken, die bei Ausgrabungen zum Vorschein kamen – wie zum Beispiel Pompeji, dessen Flächen reich an witzigen Texten, Parolen und anzüglichen Zeichnungen sind – machen eines klar: Wände wurden schon immer als Kommunikationsform benutzt. Eines der bekanntesten »Zeichen an der Wand« ist wohl der Fisch, der zu Zeiten der Christenverfolgung als Identifikation diente. Auch die heutigen Graffiti sind Ausdrucksmittel und geben vieles über Gesellschaft, Umgangssprache und politische Ausrichtungen preis. Auf Spielplätzen, Toiletten, Wahlplakaten, Schultischen, Baumstämmen, Mistkübeln und natürlich auf den Wänden, übermitteln sie mehr oder weniger kunstvoll ihre Botschaften. Ein Track aus dem Buch WIEN GEHT Autorin: Jine Knapp Comments are closed.
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