Verkommenes Industriegebiet durchstreifen und namenlosen Seelen huldigen!
Vom stillen Wasser der Hafenmole berauscht, breitet sich eine tiefe Ruhe aus, die von der menschenleeren Umgebung noch verstärkt wird. Die Urbs befinden sich am Alberner Hafen und atmen die feuchte Luft am Ufer des Donaukanals. Die Impressionen der Tour rauschen in Gedanken nochmals vorbei. Die zum Teil verlassenen, mächtigen Industriegebäude, der mystische Friedhof der Namenlosen und die einsamen Fischer am Blauen Wasser hinterlassen einen bleibenden Eindruck. Dieser Track über den Albener Hafen ist gespickt mit Plätzen, die eine sanfte Melancholie umgibt und an keinem Gemüt – sei es noch so emotionslos – wird dieser Weg spurlos vorübergehen. Garantiert. TRACKVERLAUF Von der Bushaltestelle die Zinnergasse hinunter spazieren, die breite Alberner Hafenzufahrtsstraße überqueren und anschliessend in Richtung Donauufer hinunterspazieren. Ist der Gasthof erreicht, führt ein Weg (Simmeringer Lände) den Donaukanal in Flussrichtung entlang. Das ist unserer. Dreimal macht er eine Biegung, das erste Mal nach der Unterquerung einer Schnellstraßenbrücke – hier nach rechts und nach etwa 100 Metern gleich wieder nach links – das dritte Mal nach dem Marsch durch ein Waldstück – hier geht es in einer Linkskurve zurück zum Donaukanalufer. Nun in Flussrichtung weiter bis zum Alberner Hafen Spitz. Von hier aus ist die Hafenanlage schon zu sehen. Über eine kleine Brücke gelangt man in die 2. Molostraße, die hinter dem »Hansa-Lagerhaus« entlangführt. Nun auf die andere Seite der Hafenmole in die 1. Molostraße. Am Ende dieser befindet sich unser Ziel – der »Friedhof der Namenlosen«. Der Rückweg ist ähnlich, außer dass wir kurz nach dem Hansa-Lagerhaus in einen kleinen Waldpfad einbiegen, um am Ufer des »Blauen Wassers« entlang zu spazieren, bis zum anderen Ende des Donau-Altarms. An dieser Stelle führt der Weg ca. 100 Meter in einem Bogen um das Ufer herum – hier die Abzweigung nach links nehmen. In nördliche Richtung gehend, landet man nach kurzer Zeit wieder auf der schon bekannten Simmeringer Lände. HISTORISCHES Bevor Albern nach dem Zweiten Weltkrieg in die Gemeinde Wien eingegliedert wurde, siedelten in diesem hochwassergeplagten Gebiet hauptsächlich Fischer. Rund um das Blaue Wasser, ein von Auwald umgebener Altarm der Donau, sind diese heute noch zu finden. Auch die zwei gekreuzten Fische im Simmeringer Wappen, haben es bis in die Gegenwart geschafft. Der Name Albern leitet sich übrigens von der Albe-Pappel ab, die in dieser Aulandschaft wuchs. Der Hafen in seiner heutigen Gestalt entstand zwischen 1939 und 1942. Die monumentalen Speicher, von Zwangsarbeitern errichtet, sollten dazu dienen, das Getreide aus den annektierten Gebieten Ost- und Südosteuropas aufzunehmen und nach Deutschland zu verschiffen. Neben den Flaktürmen sind auch diese Hafengebäude ein zeithistorisches Dokument der NS-Herrschaft. DIE OPFER DER DONAU Auf diesem Friedhof sind Menschen begraben, die im Zeitraum von 1845 bis 1940 im Hafenbereich – wegen eines Wasserstrudels der Donau an dieser Stelle – angeschwemmt worden sind. Die Namen der Opfer blieb meist unbekannt, denn entweder handelte es sich um Menschen, die aus Verzweiflung von den Donaubrücken in den Freitod sprangen – eine Schande für die Angehörigen jener Zeit – oder aber der Fluss hatte die Leiche bis zur Unkenntlichkeit zersetzt. Der Friedhof besteht aus zwei Teilen. Der alte Bereich wurde durch Hochwasser zerstört und ist völlig überwuchert, aber ein Gedenkkreuz erinnert an die 478 hier Beerdigten. Um die Jahrhundertwende wurde der heutige Friedhof errichtet, der bis 1940 in Betrieb war. Nur 43 Begrabene konnten bis heute identifiziert werden, alle anderen Kreuze tragen ein »unbekannt«. Ein Track aus dem Buch WIEN GEHT Autorin: Jine Knapp
PhiSch
23/11/2015 02:05:40
War heute da, genau das Richtige für einen sentimentalen Herbstspaziergang. Inzwischen hat sich einiges verändert: Das Landhaus Winter wurde abgerissen, der "Friedhof der Bücher" existiert immerhin noch auf einem Schild. Statt der Rechtsbiegung nach der Eisenbahnbrücke kann man geradeaus einen verwilderten Trampelpfad direkt am Kanalufer nehmen. Hier treiben Biber ihr beeindruckendes Werk. Der Hafen wurde die letzten Jahre saniert und hat wahrscheinlich etwas von seinem Charme verlohren, ein Erkunden der Gebäude ist nicht möglich. Comments are closed.
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