Auf den Spuren von Amorbidius: Vom Stadtpark in den Prater
Amor intrigiert weiter gegen mich! Da es ihm Burnout-bedingt an Kraft und Inspiration mangelt und ihm ja auch sein Werkzeug fehlt, um seinen Amtsgeschäften nachzugehen, hat er auch mehr als genug Zeit dazu. Diesem überheblichen Liebesbringer habe ich die Flügel mächtig gestutzt! Das Pulver hat er zwar nicht erfunden, aber auch ein selbstgefälliger Wichtigtuer wie er könnte einem abgefeimten Misanthropen gefährlich werden. Mein perfekt inszenierter Stromausfall in der U4, der letztlich Frank und Frederik zusammengebracht hat, macht mich aber über jeden Verdacht erhaben. Amor kocht vor Zorn! Tja, einer wie ich versteht halt seinen »Job«. Ich mache mich also wieder an die Arbeit, um Wien seinen Ruf als »Weltmittelpunkt gepflegter Grantigkeit« zu erhalten, so wie mein Amtsauftrag lautet. Dass ich nebenbei Liebe und Zweisamkeit stifte, braucht ja keiner zu erfahren! Als ich so durch den Stadtpark schwirre, sehe ich auf einer Parkbank ein mieselsüchtiges Paar, so um die 40 sitzen, das sich offenbar seit Jahren nichts mehr zu sagen hat. »Interessant«, denke ich mir, »da kann einer wie ich ja noch zusätzlichen Unfrieden stiften«, und ich beobachte die schon lange Entliebten ein wenig. Irgendwie tut sich da nichts. Über die Zank-und-Hader-Phase dürften sie schon hinweg sein. Hier waren bestenfalls noch teilnahmslose Sticheleien herauszukitzeln – aber ich liebe Herausforderungen und ein ordentlicher Wickel musste doch zu provozieren sein. Das ist schließlich – leider noch immer – mein Job! »Gemma jetzt endlich einkaufen, oder wie lange willst hier noch umanand sitzen?«, mault sie und er steht wortlos auf, um ihr einige Schritte voraus marschierend, dem Rochusmarkt zuzustreben. Gemeinsame Einkäufe sind immer eine gute Gelegenheit unter Eheleuten für Zoff zu sorgen und so folge ich ihnen hoffnungsfroh. Aber auch auf dem Markt habe ich null Aussicht auf Erfolg. Sie kauft, er zahlt teilnahmslos. Ehrlich gesagt, habe ich hier ausnahmsweise keine Idee, wie ich streitbringend eingreifen sollte. Ich habe die Schnauze voll! Wenn ich schon keinen ehelichen Zank provozieren kann, so doch vielleicht neu aufkeimende Liebe und denke dabei an Amors dämliches Gesicht. Beim Obststand zücke ich Pfeil und Bogen – Blattschuss! Nun die Probe aufs Exempel: Die Einkaufstaschen trägt – wie uncharmant von ihm – sie, und mit geübter Hand bringe ich eines der Sackerl zum Reißen. Äpfel und Gemüse rollen über den Marktboden und er, namentlich Clemens genannt, bückt sich mit einem Lächeln, um seiner Cecilia beim Einsammeln der verstreuten Einkäufe behilflich zu sein. So etwas hatte sie seit Jahren nicht erlebt und auf ihren Mund schleicht sich ein Lächeln. Zur totalen Überraschung seiner Frau hinterlegt Clemens die Einkäufe bei einem Marktstandler und schlägt ihr einen gemeinsamen Spaziergang an diesem warmen Frühsommertag vor. Derartiges hatten sie seit Jahren nicht gemacht und sie entdeckt plötzlich wieder den spontanen Burschen in Clemens, den sie vor etwa 20 Jahren, bis über beide Ohren verliebt und voller Freude auf die gemeinsame Zukunft, geehelicht hatte! Ein Neubeginn wäre getan! TRACKVERLAUF Clemens und Cecilia starten diesen Track am Stadtpark. Von dort aus gehen sie über den Heumarkt in die Beatrixgasse, weiter die Schienen überquerend bis sie auf die Ungargasse stoßen. Diese spazieren sie links hinunter in die Sechskrügelgasse, bis sie am Rochusmarkt ankommen. Hier kauft Clemens seiner Cecilia eine rote Rose, um ihr zu zeigen, wie lieb er sie nach all den Jahren immer noch hat. Voller Freude über die kleine Aufmerksamkeit geht Cecilia mit ihrem Clemens die Landstraßer Hauptstraße hinunter, in Richtung Arenbergpark, der mit seinen wunderschönen alten Bäumen und gemütlichen Sitzgelegenheiten lockt. Die beiden nunmehr Frischverliebten zieht es die Wassergasse hinunter zum Donaukanal. Erstmals fallen ihnen am Erdberger Steg die vielen Liebesschlösser auf und sie überqueren die Brücke um sich in den nahegelegenen Prater aufzumachen. Diesmal nicht mehr einer voran, sondern nebeneinander! Auf der Jesuitenwiese lassen sie sich nieder, um über vergangene Zeiten und die Gründe für das Erkalten ihrer Liebe zu sprechen. Durch die Herrlichkeit des frühsommerlichen Praters querfeldein immer ostwärts spazierend, gelangen sie zum Bootsverleih (Peter Reichl) am Heustadlwasser. Cecilia schlägt vor, eine gemeinsame Bootsfahrt zu unternehmen und Clemens ist begeistert. Gesagt getan. In einem der Boote geht es durch das wildwuchernde Grün und das wieder frisch verliebte Paar entdeckt erneut die Gemeinsamkeiten, den Spaß und die Freude ihrer ersten Verliebtheit – Hach! Nach dieser romantischen Bootsfahrt wandeln sie ein wenig die Prater Hauptallee entlang und entdecken die Haltestelle der Liliputbahn (Station Rotunde), wo man, sich kindlich erinnernd, in einem der offenen Waggons Platz nimmt, um gemeinsam in den Wurstelprater zu fahren. Bei der Station Schweizerhaus verlassen sie dieses entzückende Gefährt. Der gemeinsame Gang durch den Vergnügungspark lässt alte Liebe wieder aufflackern! Äußerst entzückt beobachte ich die zärtlichen Zuwendungen der Wiederverliebten und merke, wie dies mein Engelsherz erwärmt. Die Einkäufe am Rochusmarkt bleiben vorerst dort, wo sie abgestellt wurden. Clemens und Cecilia haben Erfreulicheres im Sinn – Übung gelungen! WILDES GRÜN Hier findet ihr eine Grünoase inmitten dieser sonst eher stark verbauten Gegend. Besonders für Verliebte ein herrlicher Treffpunkt, weil sehr gut öffentlich erreichbar, zentral und doch gespickt mit romantischen Ecken und Winkeln. Wilder Baumbewuchs – aber kommt ja nicht auf die Idee, eure Initialen oder gar ein Herzerl da einzuritzen, das ist nämlich verboten. Bankerl, zum sich gegenseitig in die Augen schauen, Entenpärchen, die man füttern kann,… alles da, was das Herz begehrt. Wer sich lieber bewegen mag, als einfach nur herumzusitzen, sollte eine kleine Wanderung durch den skulpturenreichen Park unternehmen, dessen wohl berühmtestes Denkmal, das von Johann Strauss ist. Strauss war in Liebesdingen übrigens ein echter Draufgänger! Er war drei Mal verheiratet und nahm sogar die deutsche Staatsbürgerschaft an, um die Heirat mit seiner dritten großen Liebe möglich zu machen. Den Walzer hat er erfunden, um die Damenwelt im Dreivierteltakt schwindelig und den amourösen Avancen, des sie verführenden Galans, zugänglicher zu machen. Ein genialer Trick übrigens, der nachweislich auch heute noch funktioniert! Vielleicht gleich hier im Park ein Tänzchen wagen? Die Bepflanzung des Stadtparks ist auf eine fast ganzjährige Blüte abgestimmt, der Park ist also zu jeder Jahreszeit einen Besuch wert. ACTION UND ERHOLUNG Verliebte zieht es häufig in den Wiener Prater, und das mit gutem Grund. Nicht nur Wiesen, um sich gemeinsam niederzulassen, Federball zu spielen oder sonstigen Aktivitäten nachzugehen gibt es hier. Was haltet ihr davon gemeinsam jonglieren zu lernen, oder den nahen Auwald zu durchstreifen? Im Winter findet sich sogar die Möglichkeit auf einer beschneiten Rodelstrecke den Hügel hinabzusausen! Von der Jesuitenwiese führt die Prater Hauptallee direkt zum Lusthaus. Das ehemals kaiserliche Jagdhaus wurde im 2. Weltkrieg so gut wie völlig zerstört und 1948 wieder aufgebaut. Die Vorlage für den Neubau gab die Form des Gebäudes aus dem 18. Jahrhundert. Heute steht das Lusthaus unter Denkmalschutz und lädt euch schmusewillige Urbs zum Verweilen ein. Die Hungrigen erwartet Köstliches aus der Küche. Unterwegs dorthin begegnen euch ganz sicher zauberhafte Wesen, wie Feen und Kobolde. Meine Kollegen aus dem Referat für »Magische Angelegenheiten« sind dort unterwegs, um der Gegend einen mystischen Touch zu verleihen. Vielleicht entdeckt ihr das eine oder andere Wesen und könnt es bei der Arbeit beobachten. Im Frühling, zur Zeit der Kastanienblüte, erstrahlt die Prater Hauptallee in weißer Blütenpracht. Und warum eigentlich nicht mal wieder zum Kind werden und einen Abstecher zum nahegelegenen Wurstelprater machen?! Gemeinsam kreischend Hochschaubahnen bezwingen, sich vor Gespenstern und anderen Schrecklichkeiten fürchtend aneinander kuschelnd eine Geisterbahn befahren oder beim Dosenschießen versuchen einen Riesenteddybären für eure/n Liebste/n zu gewinnen. VON DER ZEIT VERGESSEN Wer wilde Romantik genießen will, kommt am Bootsverleih Peter Reichls nicht vorbei. Geht ihr die Lusthausstraße entlang, so findet ihr von Bäumen, Schilf und Wasserrosen umwachsen, dieses einzigartig idyllische Reich am wilden Kaiserwasser. Hier steht eine süße kleine Hütte, die irgendwie an ein Knusperhäuschen erinnert. Es scheint, als ob an diesem Ort die Zeit stehengeblieben wäre. Reichl wohnt nicht nur hier, sondern er und seine Frau bekochen die Gäste auch aufs Hingebungsvollste. Heute führt sein Ziehsohn Bernhard das Geschäft. Er trägt gerne Schottenröcke, die er ablegt, wenn er an heißen Sommertagen ins kühlende Wasser springt. Die zu mietenden Boote sind von den Reichls übrigens alle selbst gebaut! Liebesfördernderes lässt sich selten finden! Durch das kaum befahrene Wasser zu rudern, ist eine herrliche Gelegenheit, sich in entrischer Umgebung dem Liebesrausch hinzugeben. Picknickkorb mitnehmen! Beim Heustadlwasser gibt es unzählige verträumte Plätze, an denen allen möglichen lustvollen Freuden nachgegangen werden kann! GEDENKEN AN DIE OPFER DER LIEBE Nur 5 Gehminuten vom Lusthaus entfernt, befindet sich eine kleine, entzückende Wallfahrtskirche namens »Maria Grün«. Es ist ein romantischer Ort, der aber auch etwas nachdenklich stimmt. Auf Initiative von Pater Clemens Kritz, seit 1992 Leiter der Aidsseelsorge in Wien, wurde »Maria Grün« Sitz dieser Einrichtung. Als »Namentliche Gedenkstätte der an Aids Verstorbenen« entstand ein Memorial. In Form einer roten Schleife wurde ein Blumenbeet gestaltet. Auf den rundherum liegenden weißen Steinen haben Freunde und Bekannte die Namen von Verstorbenen geschrieben. Inmitten der Schleife aus roten Blümchen liegt ein großer weißer Stein auf dem »Für alle, die nicht namentlich genannt werden können« geschrieben steht. Ein Ort, welcher in seiner Fürsorglichkeit derer, die ihn entstehen ließen, viel Ruhe und unendliche Liebe ausstrahlt. Das Wiener Aidsmemorial ist ein Ort des Anerkennens und vor allem des Erinnerns an diejenigen, die schon gehen mussten. Ein Track aus dem Buch BUSSI BUSSI Autor: Fred Stampach Comments are closed.
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