Dr. Thomas Northoff ist europäischer Ethnologe oder wie er meint Volkskundler. Ihn interessieren Textgraffiti in urbanen Gegenden. Auf der Suche nach Spuren und Zusammenhängen geht er zu Fuß, liest Städte nach diesem gefundenen Material und setzt es in Bezug zueinander. Besonders interessant ist die Antonskirche in der Nähe des Reumannplatzes und Urb TV darf ihn dorthin begleiten.
Da soll noch einmal jemand sagen, Graffiti sein nicht für die Ewigkeit! Unter der Vulkanasche in Pompeji und Herculaneium haben sie mindestens 1932 Jahre überdauert. Ja, auch in der Antike wurden schon Wände beschriftet, die dem Schreiber wahrscheinlich nicht gehörten. Die Tradition hat sich gehalten. Der Terminus Graffito hat noch ältere – griechische – Wurzeln und heißt übersetzt eigentlich bloß: Geschriebenes. Landläufig nennt man sie eher Schmierage, Gekritzel, Krakelei, Schmiererei, Kritzelei, oder – und hier wird der Akt des Schreibens zur Straftat – Vandalismus. Graffiti sind und waren immer schon das Medium jener, die kein anderes hatten. Es ist die Ausdrucksform der Menschen ohne Lobby und willfähiger Schoßzeitschrift, die Stimme der Sprachlosen. Natürlich, die Besitzer so mancher Hauswände sind selten glücklich darüber, nolens volens zu Herausgebern von Guerillamedien gemacht zu werden. Nicht immer treffen die vermittelten Botschaften in Stil und Inhalt den Geschmack der Hausherren. Und wer schon einmal ausgemalt oder wenigstens Tom Saywer gelesen hat, weiß, wie mühselig es ist, große Flächen weiß oder schönbrunnergelb oder sonstwie zu übermalen. Zumal den meisten Wandbesitzern der Charakter ihrer Sisyphosarbeit ebenso bewusst ist wie den Schreibern. Der Kampf zwischen Spraydose und Farbtopf ist eine Schlacht ohne Ende. Denn wird ein Graffito erst einmal übermalt, ist die Voraussetzung zu neuer Beschriftung gegeben. So wie ein Waldbrand den Boden für junge Pflanzen bereitet, schafft die Malerrolle Platz für neue Graffiti. So vielfältig wie die Autoren von Graffiti sind auch ihre Inhalte. Da gibt es, vor allem in der Umgebung von Stadien, Fußballgraffiti. Ob in Sankt Hanappi oder um den nicht minder sakralen favoritner Rasen – Graffiti geben Gelegenheit, das eigene Revier zu markieren oder gar – welch Provokation – im gegnerischen zu wildern! Vor allem bei politischen Graffiti entwickeln sich oft regelrechte Diskurse. Zum Beispiel wenn aus einem rassistischen Graffito das Wort „Neger“ gestrichen und durch „Nazi“ ersetzt wird. Danach wurde vielleicht ein Hakenkreuz dazu gemalt und dieses später in eine Blume verwandelt, und so weiter. Nicht zu vergessen jene Schriftzüge, mit denen Teenager ihrer Hingabe zu ihren Angebeteten bisweilen Ausdruck verleihen: „Kevin, ich liebe dich!“ Die Autoren solcher Liebesschwüre befinden sich in bester Gesellschaft. Ritzte nicht schon der einsame Wanderer in Schuberts „Winterreise“ so manches süße Wort in einen Lindenbaum? Irgendwie muss man die überbordenden Gefühle ja schließlich öffentlich machen. Erwachsene heiraten, Schüler beschriften Wände am Schulklo. Womit wir bei meinen Lieblingsgraffiti wären: Klograffiti. Manchmal verbringt man mehr Zeit auf der Bedürfnisanstalt als nötig, nur um die semantisch-kreative Matrix der Sprüche an der Tür zwanzig Zentimeter vor der eigenen Nase zu ordnen, nicht wahr? Graffiti gehören zum Stadtbild wie Tauben fütternde Menschen und verstopfte Ausfallstraßen. Man muss sie nicht mögen, aber eine Stadt ohne sie ist schlichtweg nicht vorstellbar. Solange Menschen denken und fühlen, werden sie versuchen, ihre Gedanken und Gefühle zu veröffentlichen. Und das bedeutet: So lange es Wände gibt, wird es Graffiti geben. WildUrb trifft den FM4-Moderator Martin Blumenau im Burggarten, der dort jeden einzelnen Stein mit Namen kennt und selbst und ganz persönlich die Burggartenbewegung miterlebt hat. Warum er gerne geht und vor allem, was es ihm bringt zu Fuß zu gehen, das erfahren wir im Interview. Und wenn wir schon dabei sind, machen die Urb`s gleich einen Streifzug durch die Grünoasen des ersten Hiebs...
WildUrb trifft den FM4-Moderator Martin Blumenau im Burggarten, der dort jeden einzelnen Stein mit Namen kennt und selbst und ganz persönlich die Burggartenbewegung miterlebt hat. Warum er gerne geht und vor allem, was es ihm bringt zu Fuß zu gehen, das erfahren wir im Interview. Und wenn wir schon dabei sind, machen die Urb`s gleich einen Streifzug durch die Grünoasen des ersten Hiebs (für unösterreichische Urb`s ist damit der erste Bezirk gemeint). Im Track »Oide G`schichten« haben wir den »ersten Hieb« als ein kräftig pochendes Herz voller Regsamkeit und Leben beschrieben, ein Stadtteil in dem der Urb –fußgängertechnisch – auf seine Kosten kommt. Doch mit einem kann dieses Herz schlecht umgehen – mit Veränderung. Es ist klar, dass der größte Teil des Charmes den dieser Stadtteil versprüht, die monumentalen, historischen Bauten sind und das soll auch so bleiben. Aber was ist mit den Erholungsorten? Da wuselt ein Urb den ganzen Tag auf zwei Beinen durch Gassen, sieht am Ende seiner Tour die herrlichen Wiesen von Volks- und Burggarten oder Theresien- und Heldenplatz und möchte sich natürlich sofort ausruhen, denn so ein Stadtbummel hat es ja bekanntlich in sich. Aber da sind diese Schilder. Betreten verboten – oder gar ein »durchgestrichenes Mensch« Bildchen, stecken fest im Erdboden. Zusätzlich schleichen Ordnungshüter herum um die ganz mutigen Wiesenbegeher zu vertreiben. Dabei sind Grünflächen – im Gegensatz zu den starren Gebäuden – Leben. Also genauso wie der Mensch dem natürlichen Rhythmus der Veränderung unterworfen. Einige Bewegungen haben schon versucht die Wiesen von ihren Piktogrammen zu befreien, aber das Wiener Herz blieb kalt. Der Grund sollen die hohen Kosten der Reinigung sein. Da fragt sich halt der Urb, warum die eingesetzten Ordnungshüter nicht zu Lehrern umfunktioniert werden, die denjenigen die noch immer nicht begriffen haben, dass die Natur ihren Müll absolut nicht brauchen kann, eine weise Einschulung gibt. Nichts desto trotz sind es wunderschöne Erholungsplätze und mit einem Quäntchen Hoffnung, das die »durchgestrichenen Menschen« Schildchen bald verschwinden mögen, haben die Urbs diese Innenstadt-Oasen unter die Lupe genommen. Ich treffe mich mit Philippe Andrianakis im Stadtpark. Hier ist sein emotional Place, sein WildPlace, wie wir URBs zu sagen pflegen. Hier ist es so herrlich romantisch meint er, er wäre ja im tiefsten Inneren seines Herzens ein Romantiker. Und weil Philippe (so wie ich) in Graz in die Ortweinschule gegangen ist und dort Bildhauerei studiert hat, schätzt er die Arbeit der Bildhauer und Architekten des alten Wiens in diesem Park besonders.
Philippe ist der junge Mann, der vor gut einem Jahr von Bregenz nach Wien GEHgangen ist. Für eine T-Mobil Kampagne. NEIN! Gegen Aids und für mehr Aufklärung über diese stigmatisierende und tödliche Krankheit. Der 20-jährige Philippe Andrianakis wanderte also binnen sechs Wochen - vom 30. Mai bis 4. Juli 2010 von Bregenz nach Wien. Heute vor einem Jahr und 7 Tagen kam er in Wien an. Ich will wissen, was ihn damals bewegt hat und was aus seiner Idee: Gehen für den guten Zweck geworden ist. Ich frage mich nämlich schon die ganze Zeit, warum wir nach der T-Mobil Kampagne nichts mehr von Philippe gehört haben. Schade eigentlich. Schade, dass gute Inhalte, die die Werbung hochspielt immer kurzlebiger und oberflächlicher werden. Das soll aber in keinster Weise die Leistung von Philippe schmälern. Im Gegenteil: von Bregenz nach Wien zu Fuß zu gehen – ja, das wissen die URBs – ist eine geniale Sache. Ich weiß auch, diese lange Strecke zu gehen ist kein „Bemmerl“. Selbst bin ich in 4 Tagen von Perchtoldsdorf nach Mariazell gegangen. Als ich mir einbildete, ein Spaziergang alleine sei zu wenig, um auf irgendetwas Sinnvolles draufzukommen, ging ich nach Mariazell. Nicht wegen der Kirche dort, die war mir egal, aber der Weg war gut beschrieben. Ich ging los, die Füße taten mir weh, aber der Kopf war so herrlich frei. Ich war frei. Am ersten Tag nach 10 Stunden Fußmarsch dachte ich, ich könnte nie wieder einen Schritt tun. Doch in der Früh stellst du dich auf deine beiden Beine und gehst weiter. Am dritten Tag begann es zu regnen und mir war klar, dass ich nicht umdrehen würde. Am vierten Tag bin ich in Mariazell angekommen und war enttäuscht, weil der Weg zu Ende war. Ich habe erkannt, dass das Sinnvolle am GEHEN ist, dass du merkst, es geht immer weiter, egal wie weh die Füße tun, egal wie schwierig alles gerade scheint. Es ist wie im richtigen Leben. Wieviele Schritte mögen das wohl gewesen sein? Von Bregenz nach Wien. Vom einen Ende zum anderen Ende Österreichs. Was war die Zündung für seine Idee? Philippe erzählt mir, dass er seinen Zivildienst in Graz bei der Aidshilfe gemacht hat. Dort wurde ihm erst so richtig bewusst, wie schrecklich isolierend und ausgrenzend diese Krankheit ist. Wenn du Krebs hast, dann bemitleiden sie dich wenigstens, wenn du Aids hast, hast du und bist du nichts mehr. Dagegen wollte Philippe ein Zeichen setzen, sich für mehr Aufklärung vor allem bei den jungen Leuten einsetzen. Und als die Kampagne startete, waren wir alle neugierig. Ob er es schafft? Ob er durchhält? Und er hat durchgehalten. Auch wenn viel Handywerbung im Vordergrund stand, auch wenn die Knie unendlich wehtaten, auch wenn heute die Website über das Projekt stillgelegt ist, deine zigtausend Fans erinnern sich an dich und deinen Weg. Kannst stolz sein auf dich Philippe! Ehrlich. Aber wer ist der Mensch Philippe Andrianakis eigentlich? Ein kreativer Geist, ein Romantiker, einer der Visionen hat und sich nicht scheut auch einmal über den Tellerrand zu schauen und Dinge zu tun, die andere so schnell nicht tun würden. Einer der seine Freundin liebt und das auch sagen kann. Einer der in Wirklichkeit gar nicht so gern zu Fuß geht. Geht’s uns nicht allen ein bisschen so? Mir schon. Aber wenn ich es doch tu, geht’s mir gut. Lasst´s es euch gut GEHEN! LINKTIPPS Jakobs- und andere Weitwanderwege in Europa, http://www.alpenverein.at/weitwanderer/Weitwanderwege/Fernwanderwege/ Pilgercommunity, http://www.pilgern.at Pilgern in Österreich, http://www.pilgerwege.at/cms/index.php?page_new=2 Philippe Andrianakis auf Facebook Gregor Sieböck, http://www.globalchange.at Das WienMuseum hat abseits seiner Hauptaustellung in den Außenstellen viel zu bieten. Unter anderem gehören auch die Musikerwohnungen, das Geburtshaus von Franz Schubert und das Haydn-Haus zu den Außendependancen des WienMuseums. Ein besonderes Schmuckstück ist die Hermesvilla im Lainzer Tiergarten: Hier finden Urbs versteckte Wege, Gespensterbrunnen in denen wahrscheinlich Waldgeister spuken & vieles mehr. Dietrich Sattmann und Isabel Termini erzählen uns, was man in und um die Hermesvilla im Lainzer Tiergarten GEHend so alles finden und entdecken kann.
Dietrich Sattmann fotografiert für das WienMuseum. Und als Fotograf muss er natürlich viel GEHen. Leichten Schrittes erzählt uns Dietrich, dass er gute dokumentarische Fotoarbeit, wie er sie für das WienMuseum macht, oft nur zu Fuß bewältigen kann. Entschleunigtes zu Fuß GEHen ist für ihn nicht nur gesund für Körper & Seele, zu schnelles durch die Stadt „wieseln“ bedeutet auch, dass sich seinem scharfen betrachtenden Auge viele für seine Arbeit notwendigen Details nicht erschließen. Das ist auch mit einer der Gründe, warum Dietrich fast nie mit dem Auto unterwegs ist. Im Lainzer Tiergarten schlendernd erzählt er den Urbs außerdem, wo sich versteckte Wege befinden. Praktisch als zusätzliche Serviceleistung parliert er darüber, wer wann warum und für wen die Hermesvilla errichten ließ. Und weil Dietrich Sattmann ein kritisch beobachtender Zeitgenosse ist, findet er, dass Künstler/innen und Fotograf/innen und sowieso insgesamt alle Bürger/innen der Stadt mehr Engagement zeigen sollten, nicht nur, wenn es in ihrer Stadt um ihre direkte Lebensumgebung geht. Isabel Termini arbeitet unter anderem als Kunstvermittlerin beim WienMuseum und zeigt den Urbs, was sie außer einem wilden Spaziergang im Lainzer Tiergarten, in dem auch das Forstamt der Stadt Wien beheimatet ist, noch so alles an spannenden Dingen erleben können. Um das zu alles erfahren, müsst ihr euch aber das Video ansehen und am besten gleich einen Ausflug zur Hermesvilla planen ;-) HinGEHEN ist für die URBs Pflicht! Wien Museum 1040 Wien, Karlsplatz 8 Besucherinfo Hermesvilla |
Kategorien
Alle
|