Dieser Brief flatterte heute in Form eines Emails ins URB Office.
Absender: Roland Düringer. Wir finden, ihr solltet ihn auch lesen! Liebe Mitstreiter! Vieles hat sich seit meiner Kindheit (Jg.1963) verändert. Und das sehr, sehr schnell. Da wir uns aber adaptieren können, bemerken wir diese Veränderungen kaum. Was, wenn man mich aus den 70ern von einem Tag auf den anderen hierher geworfen hätte? In diese schöne neue Welt. Voller Bequemlichkeiten, Überflüsse, technische Revolutionen, ständige Verfügbarkeit, beschleunigt. Beschossen von Licht und Ton, Schrift und Funknetzen. Täte es mir gut? Käme ich damit zurecht? Oder wollte ich wieder heim? Zurück in die Welt des Mangels, wo es auf so vieles zu verzichten galt? Wir hatten kein AUTO, waren aber trotzdem mobil. Wir hatten keinen FERNSEHER und trotzdem war mir nicht langweilig. Wir hatten keinen SUPERMARKT in unserer Strasse und trotzdem hatten wir gut und ausreichend zu essen. Mein Vater bekam seinen Lohn bar auf die Hand und konnte nur ausgeben, was er in seinen Händen hatte. Daher hatten wir keine SCHULDEN und bezahlten BAR. Wir kauften daher nur das, was wir brauchten und nicht das, was wir wollten und VERKONSUMIERTEN die Arbeitsenergie meiner Eltern nicht sinn- und gedankenlos. Was es GEBRAUCHT gab, mußte nicht neu gekauft und daher nicht produziert werden, um bald darauf wieder weggeworfen zu werden. Wir hatten ein VIERTELTELEFON; daheim waren wir erreichbar, sonst nicht. Die Gespräche waren kurz und zweckmäßig. Geplaudert wurde von Angesicht zu Angesicht. Mein Fenster zur Welt war ein Fenster zur Straße und mangels INTERNET waren wir mit den Hausbewohnern vernetzt. Wir waren zufrieden, es fehlte an nichts und wir sehnten uns nur selten nach mehr ... vielleicht nur deswegen, weil wir es mangels Erfahrungen und Möglichkeiten nicht besser wussten. 40 Jahre später sind damals unmögliche Dinge wahr geworden. Wir haben neue Werkzeuge entwickelt, Bequemlichkeiten geschaffen und damit vermeintlich viel Zeit gewonnen. Nur: Wo ist die Zeit? Wo haben wir die wertvollen Stunden liegengelassen? In welchen Systemen versickert unsere Zeit und in welchen Netzen wird sie gefangen gehalten? Was kostet mich ein Schritt zurück und was bekomme ich dafür? Ist mein verklärter Blick auf das einfache Leben meiner Kindheit nur ein Trugbild, oder ist der Schritt zurück der erste Schritt nach vorn um Anlauf zu nehmen und den großen Graben der Verheißungen zu überspringen? Ich weiß es nicht. Noch nicht. Aber vielleicht bin ich nächstes Jahr um diese Zeit klüger. Aus Erfahrungen lernt man. Sollte am 21.12.2012 die Welt überraschender Weise nicht untergehen oder der erhoffte kosmische Bewußtseinswandel unserer Spezies ausbleiben, ist es wohl an der Zeit, Eigenverantwortung zu übernehmen. Ich werde also selbst Entscheidungen und damit eine Wahl treffen. 2013 werde ich mir eine GÜLTIGE STIMME verleihen und sie behalten, auch wenn man mich auffordern wird, sie wieder abzugeben. Ich werde täglich eine Wahl treffen, indem ich gewisse Dinge abwählen werde und werde versuchen, Schritt für Schritt Systemen Energie zu entziehen, indem ich sie nicht mehr benütze oder ihre Produkte nicht mehr nachfrage. Mein Plan ist es, aus Systemen ganz oder zumindest soweit auszusteigen, dass sie mir nur mehr als Werkzeug dienen. Wohlgemerkt: sie mir und nicht ich ihnen diene. Ohne Auto, ohne TV, Radio und Printmedien, ohne Mobiltelefon, ohne Supermärkte und Handelsketten, ohne Plastikgeld und letztlich ohne Internet. Klingt heftig, ist es wahrscheinlich auch. Komfortzonen zu verlassen ist naturgemäß unbequem. Aber es ist sicher spannend. Die Suche nach Alternativen in einer Zeit der „Alternativlosigkeit“ ist doch eine schöne Aufgabe. Vielleicht entpuppt sich so mancher vermeintliche Verzicht als Gewinn, vielleicht aber stoße ich bald an Grenzen. Ich will nicht stur sein und mit dem Kopf durch die Wand, für sinnvolle Kompromisse ist mein Herz allemal offen. Ich erwarte mir nichts und kann daher auch nicht enttäuscht werden. Heute in einem Jahr bin ich klüger. Wenn nicht klüger, dann aber mit Sicherheit um Erfahrungen reicher. Sollte ich mein soziales Umfeld damit vor den Kopf stoßen, und das werde ich unter Garantie, so bitte ich jetzt schon um Nachsicht für mein Vorhaben. Betrachtet es als künstlerisches Projekt, das ich mit euch teilen werde. In Form eines Videotagebuchs werde ich auf www.gueltigestimme.at über Fortschritte, Erfahrungen und Ereignisse ab 22.12.2012 berichten. Habt ein frohes Weihnachtsfest und ein spannendes 2013. Roland Von: Roland Düringer |
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