Eigentlich wollte ich ja heute den Lauf der Dürren Liesing verfolgen, aber da ich so lange darauf gewartet habe, dass sich der Akku der Kamera auflädt, gehe ich heute in einen Bezirk, der mir bis jetzt fremd geblieben ist. Außerdem war es mein Neujahrsvorsatz, nicht ständig die alten, ausgetretenen Pfade, sondern neue, unbekannte Wege zu erforschen!
Wir besuchen die Josefstadt. Zwei Dinge interessieren mich: Stimmt das Vorurteil, dass der VIII. Bezirk „ein überalteter Beamtenbezirk“ ist und gibt es hier überhaupt Grünflächen? Los geht’s über die Schmelz durch die Hyrtlgasse, wir kommen am Geschäft des Bodenlegermeisters ELVIS COSTELO vorbei. Hat er den Beruf gewechselt oder ist das ein Anderer? Ich bin erheitert. Geradeaus weiter durch die Bachgasse bis zur Ottakringerstraße. Die Bachgasse erinnert an den Ottakringerbach, der hier durchfließt. Auf einer Hausmauser steht: Lieber AMS als Polizist. Auf Twitter hab ich gelesen, dass die Straßenkünstler die Propheten von heute sind. In der Friedrich Kaisergasse gibt es noch ein Tröpferlbad! An der Ecke Abelegasse/Haberlgasse fällt mir ein Haus auf, das bemalt ist wie die Geisterbahn im Prater: „Wenn deine Stadt ein Tier wäre, was für eins wäre es?“ oder so…. Wo das bunte Treiben anfängt, muss der Brunnenmarkt sein. Die Häuser modern und strömen einen fauligen Geruch aus. Das kenne ich von der Gegend hinter dem Landstraßer Bahnhof. Zum Erbrechen! Wir gehen über den Gürtel am Café Carina und der Ubahnstation Josefstädterstraße erbaut von Otto Wagner, ehemals Stadtbahn, vorbei und schon sind wir in der Josefstadt! Den Schriftzug REISEBÜRO wollte ich schon lange für meine Wienschriftsammlung photographieren, hab ihn bis jetzt aber immer nur aus der Straßenbahn Numero 5 gesehen. Das kleine, feine Plattengeschäft RED OCTOPUS, das auf Jazz spezialisiert war, lag gegenüber und existiert leider schon lange nicht mehr. Wir gehen auf der Josefstädterstraße weiter. Im LE FROG kaufe ich mir einen Schal und eine Mütze, weil ich immer so friere. In der entzückenden Confiserie daneben frage ich, ob es etwas mit Kokos, Orangen und Schokolade gibt. Die nette Dame hinter der Budel zählt eine lange Liste auf, Orangenmarzipan, Kokosstangen, Orangenstangen, Orangentrüffel…. und stellt mir einen Mix aus allen Sorten zusammen. Dann schenkt sie mir noch einen hübschen Wandkalender. Ich habe Hunger und esse in der Pizzeria RUFFINO einen Fogosch mit Spinat und Rosmarinerdäpfeln. Dann lese ich den Briefwechsel zwischen Gerhard Fritsch und Thomas Bernhard und trinke einen Capuccino. Das Lokal ist sehr gemütlich und empfehlenswert. Es ist bereits dunkel, als wir wieder auf der Josefstädterstraße sind. Ich gehe vor bis zur schönen, alten Buchhandlung Eckart. Dort sticht mir "TRIEST VERKEHRT" Fünfzehn Spaziergänge in der Stadt des Windes ins Auge. Das brauche ich, vielleicht inspiriert es mich ja für weitere Spaziergänge durch Wien, auch eine windige Stadt. Wir biegen in die Fuhrmannsgasse ab und kommen zur Piaristenkirche. Ein freundlicher Inder zeigt mir einen Durchgang zum Jodok Fink Platz und erklärt mir, dass dieser von 8 Uhr morgens bis 8 Uhr abends geöffnet sei. Auf einer Tafel steht, dass hier Anton Bruckner an der Orgel geprüft wurde und die Lehrer darauf sagten: „Er hätte uns prüfen sollen!“ Das gefällt mir. Endlich finden wir einen Park mit einer Hundezone, sehr idyllisch versteckt an der Hinterseite des Völkerkundemuseums mit einem Teich und weißen Sesseln wie in Paris. Meine Hündin Feli schließt Freundschaft mit einer Deutschen Kurzhaarhündin, die aussieht wie ihre Zwillingsschwester. Wir gehen weiter und stehen auf der Alserstraße, biegen bei der Kreuzung ab und sind wieder im achten Bezirk in der Albertgasse. Hier, auf Nummer 17, finde ich endlich die Konditorei CUP CAKES, die ich schon lange suche. Wir sind zu früh abgebogen, denn auf der Josefstädterstraße Nummer 17 gäbe es noch eine Filiale. In der Auslage ein Schild: LIFE IS SWEET. Das Motto des heutigen Tages! Wir sind bereits in der Lerchenfelderstraße, die zwar schon zum siebten Bezirk gehört, aber ich kann nicht vorbei gehen an der berühmten Buchhandlung Posch, ohne die Auslagen zu bewundern. Diese kleine, feine Buchhandlung gab es schon, als ich noch studiert habe. Sie ist von oben bis unten mit Büchern vollgestopft und Herr Posch und seine Frau sind Kapazitäten, was die Suche nach besonderen Büchern betrifft. Ich gehe ein paar Schritte und da kommt Herr Posch höchstpersönlich auf mich zu und erkundigt sich, wie es mir geht, obwohl ich ihn schon jahrelang nicht mehr gesehen habe. Wilde Freude. Auf Nummer 63 stehen bunte Gartensessel vor einem mexikanischen Geschäft und werfen aparte Schatten. Ich bin so bezaubert, dass ich mich nach dem Preis erkundige: bis Ende Jänner noch 298 und dann 318 Euro. Hier gibt es auch Decken, Möbel, Schmuck, Teppiche in den fröhlichen Farben Mexikos. Alles Fair Trade und handgemacht. http://www.mexiko4u.at Zum Abschluss photographiere ich noch den schönen Schriftzug PELZE für meine Sammlung, denn diese alten Schriften können von einem Tag auf den anderen verschwunden sein. Dann fahre ich mit der Straßenbahn zum Heldenplatz, damit sich Feli endlich richtig austoben kann. Résumé: Die Josefstadt ist nicht besonders grün und hundetauglich, dafür gibt es viele wunderschöne Geschäfte und Lokale. Vergesst die Mariahilferstraße und geht in die Josefstadt flanieren und einkaufen! Autor und Bilder: A. Fink |
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