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Sanfte Wege führen weiter

4/2/2014

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Ich habe heute ein Mail erhalten. Genaugenommen eine Antwort einer EU-was-auch-immer-Abgeordneten, die ich mit der Frage gequält habe, ob die Regierung ihre Bürger wirklich so stark bevormunden muss. Ob ein Mensch wirklich so viele Bestimmungen braucht, oder ob es nicht vielmehr seine Bestimmung ist, Erfahrungen selbst zu machen. 

Alles natürlich ganz und gar unesoterisch formuliert, denn so schnell wie du in dieser Schublade steckst, kannst du deinen Ärger gar nicht hinunterschlucken. Ich bin ja fast glücklich, denn immerhin habe ich nach vier Wochen sogar eine Antwort von da oben – den neuen, aber ebenfalls mit Nebelschwaden umzogenen Olymp – bekommen. Brüssel haben die alten Griechen noch nicht gekannt – die neuen dafür umso besser –  doch dass sich vermeintliche Götter gerne in nebulösen Arealen aufhalten, wussten sie bestens.

Das Thema mit den leidigen Energiesparlampen hat mir die Abgeordnete erklärt. Das dieser Giftmüll viel ökologischer ist. Übrigens mit dem hochgeistigen Satz: »Alte Glühbirnen 80% Wärme, nur 20% Licht!« Leicht verständlich. Das muss man der Verfasserin lassen. Sie weiß bereits wie man mit dem gemeinen Volk kommuniziert. Nun gut, beim Birndl wurden wir zum Zwangskauf verpflichtet, da haben keine Protestfilmchen* genutzt und auch wissenschaftliche Studien sind an den harten Felsen des Neo-Olymps zerschmettert. Mit Stolz wurde mir in dem Schreiben auch mitgeteilt, dass nun Duschköpfe im Rahmen der Ökodesign-Richtlinie unter die Lupe genommen werden. Ein bisschen absurd ist das für meinen Verstand schon, dass in einer Welt in der alles in Plastik gewickelt ist, gerade Brausen zum Problem werden. Aber nicht jedes Vorgehen muss das Gehirn nachvollziehen können. Irgendeiner Lobby wird`s schon nutzen. Vielleicht steckt in Duschköpfen ja auch der geheime Plan zur Rettung der Erde – dem möchte ich natürlich nicht im Weg stehen.

Richtig interessiert hat mich dann aber der Absatz zur Verschärfung der Regeln für die Zigarettenpackungen. Gemeint sind die, die 2014 eingeführt werden sollen. Da steht doch ernsthaft: »Wenn wir die schädlichen Auswirkungen des Tabakkonsums auf die menschliche Gesundheit ernsthaft bekämpfen wollen, dürfen Zigaretten nicht mehr als vermeintlich „coole“ Produkte angeboten werden, was vor allem auf jugendliche Konsumentinnen und Konsumenten abzielt«.

Neugierig, wie ich einmal bin, schaue ich mir natürlich die Vorschläge zu den Päckchen gleich an. Was die Google-Suche dazu ausspuckt, bringt mein sonst recht ausgeglichenes Gemüt in Wallung. Ich versuche das Gesehene nun zu beschreiben.

Die Schachterln sind grundsätzlich in einem positiven, ruhigen Schwarz gehalten. Zusätzlich sollen sie ein sanft morbides Bildchen und einen verwegenen Spruch erhalten, sodass sie etwa den Eindruck erwecken, ein schmuckes Survival-Horror-Game, ein dreckiger Steel-Bondage-Film oder ein CD-Cover einer grandiosen Hardcore-Band zu sein. Irgendwas für Menschen jenseits der 18 jedenfalls. Gerade so, dass es rebellische Jung-Bürger (auch gesunde Jugendliche genannt) und dunkle Seelchen – seien diese nun allgemein vom Leben geplagt, von einer angeborenen Melancholie beglückt, fasziniert von todesmutigen Aktionen, oder einfach weil sie in den 80ern gerne Gruftis waren – begehren.

Leute geht’s noch? Zigaretten sollen nicht mehr als vermeintlich »coole« Produkte angeboten werden? Ich finde das Design so was von »cool«, da stelle ich mir doch glatt ein Schachterl zwischen meine Gargoyl-Statue und dem schwarzen Weihnachtswichtel. Ein bisschen keimt beim Anblick der Gestaltung der Gedanke auf, dass die EU-Zuständigen mit den Entwürfen für die Tabakindustrie beauftragt wurden. Die lacht sich jetzt bestimmt ins nikotingelbe Fäustchen. Die Sprüche haben mich ja schon immer verwundert, denn mit »Rauchen führt zu einem schleichenden und qualvollen Tod« oder »Rauchen führt zu tödlichem Lungenkrebs“, sind nicht gerade positive Suggestionen, die einem Raucher zum »Aufhören« bewegen. Klingt eher, als wolle man den Bestand der Weltbevölkerung schnell verringern.

Vielleicht ist es naiv von mir zu glauben, in der heutigen Zeit ist jedem sensiblen Menschen bewusst, wie viel Macht Worte und Farben haben. Aber selbst wenn die EU-Abgeordneten nicht zu dieser sanft besaiteten Spezies gehören, bleibt die Tatsache, dass die Werbung schon seit Jahrzehnten erfolgreich mit neurolinguistisch durchdachten Slogans experimentiert und genau weiß, wie das Verlangen eines Konsumenten gesteuert wird. Oder NLP-polierte Politiker ihre Sprüche so gewählt klopfen, dass sie fast glaubhaft werden. Auch die Tatsache, dass sich fast jeder  –nicht am Hungertuch nagende Bürger – sich mit Autosuggestion, Hypnose oder einer Psychotherapie herumschlägt, kann doch nicht an den Zuständigen vorbeigerauscht sein.

Ist es die Höhenluft am »Neo-Olymp«, Besessenheit und Torheit oder wird in Brüssel nach der Anzahl der eingeführten Gesetze bezahlt? Dann wäre das Verhalten ja zumindest ein bisschen menschlich. Aber mit Angst und Schrecken werden keine positiven  Ergebnisse erzielt. Das müsste gerade Europa doch eigentlich mittlerweile gelernt haben.

Auch nicht mit Überregulierung. Denn wir brauchen Entscheidungsfreiheit, um uns zu entwickeln. Ob wir bei diesem Prozess nun rauchen, essenstechnisch über die Stränge schlagen, uns die Knie am Asphalt kaputt joggen, oder Putzmittel saufen, weil die in so schönen rosa Flasche abgefüllt sind – solange wir keinem anderen dabei schaden – hat das keine Regierung zu interessieren.

Falls Politiker dann doch einen ehrlichen Drang verspüren zu helfen, dann hier ein Beispiel anhand der neuen Zigarettenpackung. Meine kreierenden Hände und das bisschen Wissen die Werbepsychologie haben mich dazu getrieben, einen Alternativvorschlag zu machen. Zugegeben, das EU-Design ist »cooler«. Aber wenn schon Manipulation, dann eine, die wenig Schaden anrichtet. Denn die Aufschrift sollte der Gesundheit nicht mehr schaden, als der Inhalt.

*Glühbirnen-Links: bulb-fiction-gluehbirne, www.gluehbirne.ist.org/co2-bilanz.php

Autor: Jine Knapp
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