Ein einfacher Warnhinweis, der seit mittlerweile fast 50 Jahren nicht nur am Ursprungsort London Kult ist, sondern fast weltweit. Von Londonbesuchern wurde er sowohl verbal auf den Kontinent transportiert, als auch über diverseste Souvenir- und Kitschartikel an Urbs verbreitet, die ihn vielleicht noch nie live gehört hatten. Ich selbst erfreue mich jedes Mal und immer wieder, wenn ich in London bin, über solch einfache Dinge, wie diese Phrase, die in wunderschönstem britischen Akzent aus den Lautsprechern tönt.
Nun saß ich letztens in der Wiener U-Bahn, als über mir in ziemlich brachialem Hochdeutsch und sterilem Klang ein „Bitte seien sie achtsam, zwischen Bahnsteig und U-Bahn Türe ist ein Spalt!“ erklang. Wenn ich nicht gerade - in Gedanken vertieft – schon besonders „achtsam“ gewesen wäre ob jeder meiner Bewegungen und Schritte, hätte es mich wahrscheinlich spätestens jetzt von meinem roten Plastikstuhl gewuchtet. Ich weiß eigentlich gar nicht, was mich mehr irritiert hatte: Die Existenz dieses Spaltes und dass irgendwer diesen scheinbar auch in Wien entdeckt hatte? Die unglaublich bescheuerte Formulierung dieser Warnung? Die neue sehr ungewohnte deutsch deutsche Frauenstimme? Oder einfach nur das Faktum, dass bestimmte Dinge, die anderswo einfach so unglaublich urbig sind, in meiner Heimatstadt Wien einfach nur lächerlich kläglich anmuten. Was war passiert mit meiner anglophilen Euphorie über diese geflügelten Worte? Wahrscheinlich liegt es an Wien. Nichts desto trotz stiefelte ich in der Kettenbrückengasse die Station hinauf, um auf meinem Weg in die Stadt durch den berühmt berüchtigten Wiener Naschmarkt zu flanieren. Ich passierte unzählige „Ramschstandln“, wo neben Trikots, Schals, Taschen, Mützen und Sonnenbrillen so ca. alles angeboten wurde, was ich DORT mit Sicherheit nicht kaufen würde. Ich erinnerte mich wehmütig an meinen letzten Besuch in Camden Town, wo wir, mit einem kindesgleichen Enthusiasmus, in den vielzähligen ultrahippen Stables Stunden damit verbracht haben, Fetzen, Schmuck und Touristenware zu durchstöbern und zu sondieren, die die meist sehr lässigen (und durchaus auch manchmal lästigen) Verkäufer dort - Im wahrsten Sinn des Wortes – „zum Handeln“ anbieten.. Was waren wir froh über jedes Pfund, das man uns nachgelassen hatte und wie zufrieden und entspannt sanken wir danach wieder in die weichen Stühle der Northern Line. In Wien? Bekomme ich Missmut, wenn ich die Standler nur sehe. Nicht dass die Ware in London de facto besser, billiger, hübscher oder toller wäre. Aber London ist eben London. Und Wien ist eben Wien. Am Karlsplatz stieg ich in den 2er auf dem Weg zum Rathausplatz, der bis dorthin auf dem Ring wirklich wunderschöne Bauten, wie beispielsweise die Oper, das Kunst- und Naturhistorische Museum und das Parlament passiert. Ich vertiefte mich wieder in meine Gedanken und würdigte diese Prachtwerke keines Blickes. Immerhin bin ich Zeit meines Lebens regelmäßig und oft genug dort vorbei gefahren, als dass mich diese rein „touristische Besonderheiten“ noch begeistern könnten. Schade eigentlich, denn sie sind mindestens genauso beachtenswert, wie gleichwertige Gebäude vor (und in) denen ich in London, Paris und Rom in schwärmerisches Entzücken verfalle. Nicht so in Wien. Was ich damit sagen will? Nicht, dass ich so weltaffin bin, dass ich die Schönheit dieser Stadt nicht mehr würdige. Aber ich sehe sie einfach nicht mehr. Wenn man über 20 Jahre in einer Stadt gelebt hat, dann verliert man – auch als URB – einfach mal den Blick auf gewisse Dinge und den Abstand, den es benötigt, um wieder das Pure, das Wesentliche darin zu sehen! Denn Wien ist alles andere als uncool, aber hatte einfach Pech, meine Heimatstadt zu sein! Aber es ist ja nicht so, dass man, sobald man sich dieser Tatsache erst einmal bewusst ist, nichts dagegen tun kann. Ganz im Gegenteil. Eigentlich ist es ganz einfach, indem man einfach mal einen Schritt zurück tritt, von der ewigen Hetze durch die Stadt und dem Drang ständig nur vom Start ans Ziel zu kommen. Darum nehme ich mir nun ab und an die Zeit, auszubrechen aus diesem Trott, mit dem ich Wien verbinde. Ich schlendere dann mit offenen Augen durch die Stadt, um bewusst den Blick auf Dinge ganz nah um mich herum zu lenken. Mit langsamen Schritten durch mein Grätzel, meinen Bezirk, meine Stadt, fallen mir dann sehr schnell jede Menge Details auf, für die ich Wien einfach lieben muss. (Auch wenn es in meinem Fall nicht nur die architektonischen Stilelemente der Schlösser, Museen oder Kirchen sind, sondern viel eher auch mal ein Erker, ein Türmchen, ein Innenhof, ein Graffiti oder ein Haus, wo (fast) kein Fenster dem anderen gleicht.) So stand clear please. Be urbig & change your point of view! Fotos: http://www.isp-zt.at, http://www.siemens.at, Text: T.Hauser |
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