Auf der Johnstraße gibt es ein Geschäft, das EXOTIC GREEN heißt. Es gehört Herrn Nilavoor, ich nehme an, er ist Inder, jedenfalls gibt es dort jeden Morgen frische Samosas, vegetarische Teigtaschen, gefüllt mit Erdäpfeln, Gemüse und köstlichen Gewürzen. Hier findest du exotische Lebensmittel und Gewürze aus aller Welt wie Safran, Sojamilch, Sojasauce, Kokosmilch, TILDA Basmatireis, den besten Reis der Welt, und tiefgekühlte Fische. Ein paar Schritte weiter um die Ecke, nach der Kreuzung Johnstraße/Hütteldorfer Straße, befindet sich der Laden meiner geliebten kurdischen Bäckerin, bei der ich anschreiben darf.
Feli, meine vierbeinige Begleiterin und ich gehen am hässlichen, aber nützlichen Meiselmarkt vorbei zur zugepflasterten Wasserwelt. Es gibt eine Petition, dass die Wasserwelt und die Schmelz wieder in Grünflächen umgewandelt werden sollen. Am Elisabethspital vorbei, das monatelang dem Erdboden gleichgemacht und dann in ein paar Wochen wieder aufgebaut wurde, zum Rustensteg hinunter, einer Fußgängerbrücke über die Gleise des Westbahnhofs, auf der Straßenkünstler viele Botschaften hinterlassen haben, zum Beispiel READING AS BREATHING oder AM ANFANG WAR DIE TAT. Die Berge im Westen sind von hier gut zu sehen, ein romantisches Plätzchen, um den Sonnenaufgang zu beobachten. Gleich daneben auf der Felberstraße ist der Straßenstrich und ein großes Bordell, hab den Namen vergessen, ich glaube es ist eine Zahl. Hier ist der Westbahnhof noch aus Ziegelwerk und nicht aus Beton und Glas. Auch Gottesanbeterinnen wurden schon gesichtet. Wir gehen unter der Unterführung durch auf die Avedikstraße und weiter zum Schwendermarkt, den lassen wir links liegen, nein rechts, und gehen zur Volkshochschule in der Dreihausgasse. War das nicht der Anfang von Fünfhaus? Dreihaus, Fünfhaus, Sechshaus oder so. Das steht alles genauer im Buch WIEN GEHT. Ich interessiere mich für das Vergnügungsetablissement, das es hier einmal gegeben hat. Auf einer Tafel steht: Im Bereich der heutigen Schwendergasse befand sich SCHWENDERS COLOSSEUM, in dem am 15. 12. 1867 der erste Wiener Arbeiterbildungsverein gegründet wurde. Dieses Colosseum war ursprünglich ein Kaffeehaus, dann ein Riesenkomplex aus Tanzsälen, Gaststätten und einem Gartenrestaurant, bis es 1897 geschlossen und 1898 abgerissen wurde. Wir gehen weiter, an der Straßenbahnremise vorbei, die gerade von der Sonne angestrahlt wird, auf die Hundewiese im Auer Welsbach Park. Hab noch immer nicht herausgefunden wie die zweite Flammenfrau dort heißt, weil die Informationstafel unauffindbar ist. Oder kennt ihr die Lösung? Meine Hündin läuft mit anderen Hunden um die Wette und ich unterhalte mich mit dem Hundeflüsterer, der mit seinen zwei italienischen Hunden Lulu und Nana um die Welt zieht und auf der Mariahilferstraße für seinen Unterhalt, ähm, arbeitet. Unsere Route führt am Schloß Schönbrunn vorbei in den Hadikpark. Ich schaue mir den Wasserstand des Wien Flusses an, heute nicht dramatisch, aber wenn der Schnee schmilzt, kann sich die kleine Wien in einen reißenden Wildbach verwandeln. Im Hadikpark begleiten uns Saatkrähen und Nebelkrähen, sie wissen nämlich, dass HundehalterInnen meistens Leckerlis bei sich haben und warten, dass auch für sie etwas abfällt. In diesem Park kennen sich fast alle, das ist fein. Hier steht jetzt immer öfter eine Gruppe der "nicht anonymen Alkoholiker", die findet es hier im Hundepark schöner, als bei der nach Urin stinkenden Ubahnstation. Apropos Ubahnstation: Das Jugendstilubahnhäuschen, das von hier zu sehen ist, war die der kaiserlichen Familie vorbehaltene Station. Kaiser Franz Joseph soll sie ein einziges Mal benützt haben. Im Hadikpark steht auch ein uralter japanischer Schnurbaum, der ohne Blätter aussieht wie eine alte Hexe, weil er so verkrümmt und eingedreht ist. Im letzten Frühjahr hat er ganz viele neue Äste bekommen, die innerhalb von ein paar Wochen dicke Stämme wurden, ein Wunder. Gleich daneben wächst eine schöne, alte Paulownia, ein Blauglockenbaum. Jetzt sind wir bei der Kennedybrücke angelangt. Das Café Wunderer, ein von Josef Hofmann gestaltetes Jugendstilcafé mit hohen Spiegeln und Jugendstillampen, wurde verkauft und wird gerade zu einem McDonald’s umgebaut. Gleich um die Ecke, in der Dommayergasse, befindet sich mein heiß geliebtes Café Dommayer, das eigentlich eine Filiale der Konditorei Oberlaa ist, da trinke ich jetzt einen Capuccino. Am Anfang der Auhofstraße steht das Pallottihaus, meine allererste Begegnung mit Wien, denn hier haben wir gewohnt, als wir mit der Schule die Hauptstadt von Österreich besichtigten. Ich war 17 und zum ersten Mal in der Oper. Damals fand ich es langweilig. Das Pallottihaus hat einen verwunschenen, zugewachsenen Garten mit einer riesigen alten Platane. Jetzt kommt das Highlight des Tages, mein Traumhaus in der Wenzgasse 12. The door was open…. Es wurde 1930 von Josef Frank und Oskar Wlach entworfen und war jahrelang dem Verfall preisgegeben. Seit kurzem ist es eine Baustelle und ich freue mich sehr, dass es endlich renoviert wird. Es hat acht Terrassen, sehr große Fenster, hohe, luftige Räume und gilt als Lehrbeispiel eines frei durchkomponierten Hauses. Im Garten gibt es ein verlassenes Schwimmbad, das mich magisch anzieht. Die herbstlich kahlen Bäume, die sich im Schwimmbadblau spiegeln, geben einen reizvollen Kontrast. Wir biegen um die Ecke, denn hinter der Gloriettegasse ist die Alois Kraus Promenade, da beginnt der Küniglberg, ein richtiger Wald mitten in der Stadt. Da in diesem Wald viel Totholz liegt, wächst hier der beste Bärlauch von Wien und auch ein paar Prachtexemplare des beliebten Parasol wurden hier gefunden. Feli tobt sich mit ihren Hundefreunden aus und dann gehen wir gegenüber vom Heurigen Wambacher die Veitingergasse bergauf, biegen in die Ratmannsdorfgasse ein und schon sind wir am Roten Berg. Es beginnt zu schneien. Wie schön! Auf der anderen Seite ist die Otto Wagner Kirche im Schneesturm noch zu sehen, wir gehen eine Runde über die Wiese und dann beim Wimpissingerweg zur Hietzinger Hauptstraße. Die Familie Wimpissinger stammt aus einem alten Adelsgeschlecht und hat den Roten Berg der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Es schneit immer stärker, wir gehen die Hietzinger Hauptstraße entlang stadteinwärts. Wir halten bei Nummer 114, denn da steht auf einer Tafel, dass hier Egon Schiele gestorben ist. Alfred Strauch, der hier wohnte, hat mir erzählt, dass in der Nacht der Parkettboden immer geknarrt hat, weil der Maler hier herum gegeistert ist. Wir überqueren die Bahnschranken und steigen in den 58er ein, der uns zum Rustensteg zurück bringt. Autor und Bilder: A. Fink |
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