Neue Geisteskräfte: Die Seele baumeln und den Verstand taumeln lassen!
URBs, ihr kennt das alle. Ein heftiger Arbeits- oder Studientag neigt sich zu Ende, und mit ihm auch Körper- und Geisteskraft. Nun ist Chillen angesagt. Umtrunk im Beisel oder Dämmermeditation vor dem Fernseher sind die beliebtesten Tätigkeiten, um aus dem Stresszustand zu gleiten. Beide haben allerdings einen kräftigen Haken: die erstere bereitet heftige Kopfschmerzen, die andere lässt die Augäpfel krampfen. Ein Urb ist nicht so masochistisch veranlagt, darum wählt er eine gesündere Variante. Mit Decke oder Hängematte bewaffnet, begibt er sich an die Ruhepole der Stadt, um der Natur zu lauschen, die letzten Sonnenstrahlen zu tanken und im besten Fall mit seinen Liebsten zu kuscheln. 1. TÜRKENSCHANZPARK Wasser – das stille Element beherrscht den im englischen Landschaftsgartenstil angelegten Park. Mehrere ruhige Teiche, verbunden mit kleinen Bächen und bestückt mit sanft plätschernden Springbrunnen, schalten das überlastete Nervensystem sehr schnell in den Erholungsmodus. Bei einem Streifzug durch das Areal bemerkt der Urb schnell die getätigten Aktivitäten der Universität für Bodenkultur im Park: Zahlreiche botanische Raritäten aus allen Kontinenten wurden gepflanzt sowie ein Lehrteich angelegt, an dem das Leben im und um das Wasser studiert werden kann. (Anmeldung erforderlich). Auch Pauline hat endlich ein neues Kleid bekommen – der Aussichts- und Wasserturm im Park ist nach 25 Jahren wieder geöffnet und beschert an Wochenenden einen tollen Rundumblick. Sonstiges Angebot: Liege- und Spielwiesen, Kartenspieleck, Kinderspielplatz, Beachvolleyball-, Fußball- und Basketballanlage sowie im Sommer das Kulturfestival »Montmartre« und zur Adventzeit ein Christkindlmarkt. 2. SCHWARZENBERGPARK Auch dies war einst ein englischer Landschaftsgarten und zwar nicht nur einer der ersten, sondern auch einer der größten Europas. Sein Erschaffer Graf von Lacy, übrigens ein leidenschaftlicher Spaziergänger, lebte nicht nur für seinen Park, sondern ließ sich hier auch begraben. Das tempelartige Grabmal befindet sich inmitten eines Waldstückes nahe der Höhenstraße. Und hier wären wir schon mitten in dieser riesigen Anlage. Beginnend beim Schloss Neuwaldegg führt die etwa 3km lange, asphaltierte Allee (Schwarzenbergallee) bis in den Wienerwald. Sie ist ein beliebtes Ausflugsziel und dem entsprechend stark frequentiert, doch verlässt man den Trampelpfad 500m nach der querenden Neuwaldegger Straße in Richtung NO (nach rechts) gelangt man auf das weitläufige Wiesenareal des Parks. Grünberg-, Mittereck- und Tiefauwiese heißen diese sonnenbeschienenen Ruhepole umgeben von kühlem Wald. Hier lässt es sich Relaxen, Picknicken, Ballspielen und Slacklinen was das Zeug hält. 3. PÖTZLEINSDORFER SCHLOSSPARK Dieses, ebenfalls englische Gartenprojekt, gestaltet von dem Kunstgärtner Konrad Rosenthal, wurde vom Bankhaus Geymüller ins Leben gerufen. Der Konkurs des Hauses und die Bombenangriffe des 2. Weltkrieges setzten der Anlage zwar stark zu, aber die einstige Eleganz ist noch spürbar. Entspannend und gleichzeitig abwechslungsreich ist der Rundgang durch den weitläufigen Park, denn zwischen Wiesen und Waldbereichen finden sich immer wieder romantische Gestaltungselemente. Zum Beispiel die Attikastatuen (Singendes Quartett) des alten Ringtheaters, ein Tempel im griechischen- und ein Lusthaus im klassizistischen Stil sowie eine Badegrotte. Am Eingangsbereich lockt übrigens ein Streichelzoo mit Hühnern, Gänsen, Schafen und Ziegen sowie Spielwiese und -platz in den Park. Nur falls du überzeugende Argumente für Begleiter deines Spaziergangs brauchst ;-) DIE ANTWORT AUF DEN BAROCK Mathematische Strenge, exakt angelegte Wege, beschnittene Hecken und geometrische Blumenbeete – das sind die vorherrschenden Stilelemente eines Barockgartens. Schönbrunn ist ein schönes Beispiel dafür. Im 18. Jahrhundert kam dann die Antwort auf die künstlich in Form gepresste Landschaftsgestaltung: Der Englische Garten. Ziel war hier, die Gestaltung nach dem zu richten, was die Natur an Ausblicken zu bieten hat. Die Geometrie verschwand und es wurde versucht möglichst abwechslungsreiche Anlagen zu kreieren, die den Anschein einer natürlich entstandenen Landschaft erwecken sollten. Verschlungene Wege führten vorbei an Bächen, Teichen, Grotten, Ruinen und passenden Gewächsen. Diese »begehbaren Landschaftsgemälde« sind in Wien vor allem in den hier erwähnten Parks erhalten geblieben. EIN WEG IN BALANCE Immer wenn zwei Bäume nahe beieinander stehen, kann man sie auspacken – die Slackline. Viele Wiener Parks sind auch wie geschaffen dafür. Slacken ist »das Gehen« über ein Gurtband oder Schlauchband, das zwischen zwei Befestigungspunkten gespannt ist. Entwickelt wurde dieser Sport von Kletterern im Yosemite-Nationalpark Anfang der 80er Jahre. Da Slacken beinahe überall umzusetzen ist, Spaß macht und sich die Ausrüstungskosten dafür in Grenzen halten, hat es diese Sportart geschafft, sich auch in urbanen Gebieten durchzusetzen. Slacklinen schult vor allem Balance, Konzentration und Koordination. Für all jene, die es noch nie probiert haben: Es ist eine echte »Gaudi«, vor allem in Gesellschaft! Und wer es einmal gecheckt hat, aufzusteigen ohne zu zittern, dem stehen grandiose Balanceakte bevor! INFOS ZUM THEMA Türkenschanzpark: Öffnungszeiten: 6:00 bis 22:00, 1180 Wien, Gregor-Mendel-Straße 31 Schwarzenbergpark: Öffnungszeiten: durchgehend, 1170 Wien, Neuwaldegger Straße 59 Pötzleinsdorfer Schlosspark: Öffnungszeiten: 8:00 bis zur Dämmerung, Pötzleinsd. Straße 68 Auer-Welsbach-Park: Öffnungszeiten: durchgehend, 1150 Wien, Winckelmannstraße 2 BOKU-Lehrteich im Türkenschanzpark: Anmeldung: 01/ 479 76 94 Ein Point aus dem Buch WIEN GEHT Autorin: Jine Knapp Natur zwischen Kultur: Ein kleiner Streifzug durch die Grünoasen des ersten Hiebs.
Da wuselt ein Urb stundenlang auf Kopfsteinpflaster durch die engen Gassen der Innenstadt, die Füße schmerzen bereits, und nichts ersehnt er sich mehr als eine kleine Oase. Sie bleibt ihm nicht verwehrt, denn bewegt der Urb sich in Richtung Burgring, findet er die großzügigen Erholungszonen von Volks-, Burggarten und Heldenplatz. Es sind interessante Orte und mit einem Quäntchen Hoffnung, dass auch die Wiesen bald wieder benützt werden dürfen, haben die Urbs diese Innenstadt-Oasen unter die Lupe genommen und nehmen dazu auf den sonnenerwärmten Stiegen Platz. Das Resümee dieser drei Anlagen in einem Satz: Der Burggarten ist der Ort für die Sturm- & Drang Zeit, der Heldenplatz für die Midlifecrisis und der Volksgarten für den ausklingenden Lebensabend. ;-) 1. BURGGARTEN Der Burggarten ist ein sehr edler Park, denn steht man mittendrin, ist man umgeben von Palmen- und Schmetterlingshaus sowie dem Teil der Hofburg, der die Nationalbibliothek und das Museum für Völkerkunde beherbergt. Ein herber Kontrast zu dem, was sich hier in den 70er bis 80er Jahren abspielte, denn die damalige Jugendbewegung eroberte das Areal und lieferte sich mit den Behörden teils recht heftige Gefechte. 2011 – Hippies und Punks sind weg und haben den »Bobos« Platz gemacht, die nun den Garten bevölkern. Doch die nächste Generation scharrt bestimmt schon in den Startlöchern, um sich dann mit ihresgleichen auszutauschen. Wem das nicht liegt, der kann sich auf den sonnigen Stufen der Burg niederlassen, oder durch den schattigen Alpengarten spazieren um seinen Idealen nachzuhängen. 2. HELDENPLATZ Ob Demo, Maiaufmarsch des Bundesheers, Kundgebung, Erntedankfest oder Party – der Heldenplatz mit seinem imperialen Panorama fordert die Füllung mit Menschenmassen geradezu heraus. Das hat unser Schreckgespenst Adolf auch schon zu nutzen gewusst, als er hier 1938 einmarschierte. Aber wir lassen die Vergangenheit ruhen und erfreuen uns der vielen Veranstaltungen, die auf diesem Boden aktuell stattfinden, bei denen auch die Ordnungshüter keine Chance mehr sehen, Herr über die Wiese zu werden. Es gibt kaum ein Wochenende, wo hier nicht zumindest die »Musi« spielt. Wochentags kann man sich an dem bunten Publikum ergötzen, das die Reiterdenkmäler besetzt: Ein paar ältere Gelegenheitskiffer, eine Mutter mit ihren drei Kindern, die den Rasensprenger vergewaltigen, eine Gruppe stadtplanstudierender Touristen, zwei heftig diskutierende Krawattenträger und mehrere Gitarre spielende Althippies. Yea, let's stalk! 3. VOLKSGARTEN Als der Urb den Garten zum ersten Mal betrat, war sein erster Gedanke seines damaligen Punk-Hirns »Was für eine Schnösel-Partie!« Es war Nacht und der Horizont reichte nicht weiter als bis zur Disko »Volksgarten«. Bei Tageslicht sah die Sache ganz anders aus. Denn die Besucher sind im Gegensatz zu den anderen beiden Parks eher älterer Generation. Ab und zu besetzt allerdings auch ein junges, verliebtes Pärchen eine der vielen Bänke in diesem aufgeräumten Garten. Akkurat gestutzte Hecken, konstruierte Blumenbeete, duftende Rosensträucher, Denkmäler – wie das von Kaiserin Elisabeth und Grillparzer – sowie der mächtige Theseustempel verleihen dem Volksgarten seinen Charme. Trotz oder vielleicht wegen seiner überzogenen Perfektion strahlt der Park eine tiefe Ruhe aus, die zur Erholung einlädt. Falls der Drang besteht, einmal einen Parlamentarier anzutreffen, so ist im Volksgarten die Wahrscheinlichkeit dafür extrem hoch! DIE KREUZUNG VON HIPPIE UND YUPPIE Der Name »Bobo« (Bourgeoise Bohemien) wurde von David Brooks, einem New Yorker Kolumnisten, geboren. Er definierte damit den Gesellschaftstypus, der sich um 2000 entwickelt, dessen Lebensstil zusammen führt, was bislang als unvereinbar galt: Reichtum und Rebellion, beruflicher Erfolg mit unkonventioneller Haltung, das Denken der Hippies gepaart mit dem unternehmerischen Geist der Yuppies. Ziemlich konträr also – was auch der Name »Bobo« widerspiegelt. Denn ein »Bourgeois« ist ein Angehöriger der Oberschicht mit konservativer Gesinnung und »Bohème« bezeichnet eine Lebensart von Randgruppen, die bürgerliche Werte verabscheut und sich auf Originalität fokussiert. Eine nette Mischung, die allerdings dazu führte, dass z.B. die Lebensräume Kunstschaffender (Loft-Boom) für diese unleistbar wurden. MUSEEN RUNDHERUM Burg- und Volksgarten sowie Heldenplatz sind der ideale Ausgangspunkt für Museumsgeher. Allein die Hofburg, übrigens der größten zusammenhängenden Gebäudekomplexe der Welt, beherbergt Unmengen an Historie. Nicht nur Kaiserappartements, Sisi-Museum und Schatzkammer, sondern auch Albertina, Hof-Jagd- und Rüstkammer sowie Völkerkunde- und Ephesos-Museum befinden sich hinter ihren Mauern. Nicht zu vergessen, die ebenfalls in der Hofburg untergebrachte Nationalbibliothek, die außer ihrer Sammlung an Druckwerken und Dokumenten auch Papyrus-, Globen- und Esperantomuseum beherbergt. Auf der gegenüberliegenden Seite des Rings findet der Kulturgenuss kein Ende, denn das Natur- und Kunsthistorische Musum sowie das MuseumsQuartier winken mit ihren Ausstellungen und Sammlungen. INFOS ZUM THEMA Nationalbibliothek, Hauptlesesaal, 1010 Wien, Josefsplatz 1 Globen- und Esperantomuseum, 1010 Wien, Herrengasse 9, Palais Mollard Papyrusmuseum, 1010 Wien, Heldenplatz, Mitteltor Kunsthistorisches Museum, 1010 Wien, Maria Theresien-Platz Schatzkammer, 1010 Wien, Hofburg Schweizerhof Kaiserappartements, Sisi Museum und Silberkammer, 1010 Wien, Hofburg - Michaelerkuppel Naturhistorisches Museum, 1010 Wien, Maria Theresien-Platz MuseumsQuartier Wien, 1070 Wien, Museumsplatz 1 Ein Point aus dem Buch WIEN GEHT Autorin: Jine Knapp Absurd, bizarr, spaßig, informativ, unglaublich: die Dinge in Wiens kleinen Museen.
Diese Stadt hat im Jahr bestimmt etwa 100 Tage, an denen nicht die Sonne vom Himmel lacht. Das ist auch die ungefähre Anzahl der Museen, die in Wien beheimatet sind. Darunter sind viele kuriose, oft sehr kleine, aber faszinierende Sammlungen. Sie alle zu kennen, ist ein schwieriges Unterfangen. Doch die Neugierde ist eine verlässliche Antriebskraft für diesen Versuch, der meist mit Staunen belohnt wird. Also, falls heute einer dieser 100 trüben Tage ist, hier vier Museen, die unterschiedlicher nicht sein könnten! 1. BRENNPUNKT° Museum der Heizkultur? Auch wenn sich dies im ersten Moment nicht sehr spannend anhört, das komplette Gegenteil ist der Fall. Die modern gestalteten Ausstellungssräume zeigen die Geschichte des Heizens sowie den damit verbundenen Lebensalltag des Menschen, beginnend vom »Feuer machen« bis zur zukünftigen Energieversorgung. Anlass zum Schmunzeln gibt's auch: Manche nostalgischen Alltagsgegenstände sind grotesk! Link 2. PRATERMUSEUM Eigentlich ist das Pratermuseum im Planetarium »nur« ein großer Raum mit Galerie. Trotzdem ist dies kein Indiz für eine kurze Verweildauer. Denn, ob es nun die Schuhe der Liliputanerprinzessin Gisela, der Wahrsageautomat »Internationales-Heiraths-Vermittlungs-Bureau«, der alte Grottenbahn-Lindwurm oder eine Fotografie der spektakulären ersten Hochschaubahn »American Scenic Railway« ist, an den amüsanten sowie skurrilen Erinnerungsstücken der schaurig schönen Unterhaltungskultur unseres Praters bleibst du einfach hängen! Link 3. DRITTE MANN MUSEUM Ganz um den in Wien gedrehten Filmklassiker »Der Dritte Mann« und sein Hintergrundthema – die Besatzungszeit Wiens von 1945 bis 1955 – dreht sich diese kleine Privatsammlung. Die historischen Filmplakate, Kinoprogramme von Premieren und zahlreiche Wiederauflagen aus über 20 Ländern, Originale Drehbücher, 400 Coverversionen des »Harry Lime Themas« sowie die mehr als tausend Dokumente und nostalgischen Gegenstände aus der Wiener Nachkriegszeit, sind nur ein kleiner Auszug der Objekte dieser äußerst liebevoll zusammengestellten Sammlung! Link 4. CONDOMI-MUSEUM Der Abstieg in den Gewölbekeller des Erotikfachgeschäfts »Liebenswert« ist eine kuriose Reise in die Welt der Verhütung und Sexualität. Auf der ca. 100m2 großen Ausstellungsfläche wird die erstaunliche Geschichte des Kondoms anhand von hunderten Exponaten präsentiert. Von Kretas König Minos, der Kondome aus Ziegenblase benutzte, über Casanovas Präservative, die mit Samt gefüttert waren, bis zu »Goodyears« erstem Gummikondom, das schlussendlich den Siegeszug dieses Verhütungsmittels einleitete, führt die Zeitreise. Natürlich fehlen auch die recht amüsanten Erfindungen unserer Epoche nicht im Fundus des Museums: Witzige Scherzkondome, »Kondome des Grauens«, Phobiker-Ganzkörperkondome und viele andere verrückte Stücke findest du hier! Link XXX-SMALL REKORD Den Titel »Kleinstes Museum der Welt« trägt eine Box, die einen 1/2 Kubikmeter groß ist. Sie wurde mit einem Metallpfosten auf Augenhöhe gebracht. Der Kasten mit fünf Gucklöchern zeigt Wechselausstellungen im Miniformat. Mittlerweile geht das urige Schweizer Museum wegen seiner steigenden Beliebtheit auch gerne auf Reisen. WELTWEIT EINZIGARTIG... ... ist auch das Museum für Verhütung & Schwangerschaftsabbruch. Seit 2003 wird in drei Schauräumen der Kampf um die Kontrolle der Fortpflanzung und Fruchtbarkeit dargestellt. Neben medizinischen Entwicklungen und Medienmeinungen wird auch – ohne zu werten – das Leid der Frauen nach missglückten Abbrüchen thematisiert. MEHR MUSEEN ZUM THEMA Alt-Wiener Uhren Sammlung: MAK-Expositur Geymüllerschlössel, 1180 Wien, Khevenhüllerstraße 2 Bestattungsmuseum: Einblick in die Wiener Begräbnisrituale, 1110 Wien, am Zentralfriedhof Fälschermuseum: Leben und Werke berühmter Kunstfälscher, 1030 Wien, Löwengasse 25 Pharma- & Drogistenmuseum: Dokumentation eines Berufes, 1090 Wien, Währinger Straße 14 »waschsalon« Karl-Marx-Hof: Die Geschichte des »Roten Wien«, 1190 Wien, Halteraugasse 7 Wiener Schuhmuseum: Schuhtrends verschiedener Jahrhunderte, 1080 Wien, Florianigasse 66 Wiener Schnapsmuseum: Urige Führung mit Verkostung, 1120 Wien, Wilhelmstraße 19–21 Museum für Verhütung & Schwangerschaftsabbruch: Medizin, Medien, Tabus, 1150 Wien, Mariahilfer Gürtel 37/1. Stock Ein Point aus dem Buch WIEN GEHT 2 Autorin: Jine Knapp Gehen in Gebäuden: Inmitten des neonbestrahlten Wahnsinns ganz urbig bleiben!
Shoppingcenter – unsere Containerbauten am Stadtrand sind per pedes kaum zu erreichen – Individuen ausgenommen, die sich gerne kilometerlang durch staubiges Gestrüpp nebst Autobahnen hindurch schlagen – und selbst die öffentliche Verkehrsanbindung an jene Konsumgehäuse ist mehr als unzureichend. Vollgestopft mit Artikeln des täglichen »Nichtgebrauchs« sind jene neuzeitlichen Tempel. Erbaut um sich bedingungslos der Religion des Konsums hinzugeben – Kaufen. Kaufen, um die Leere des eigenen Lebens mit Besitz zu füllen – dem einzigen Glück, wenn wir den Werbebotschaften glauben schenken würden. Aber wir Urbs sind keine Lehrmeister, Gurus oder Verweigerer – klar gibt es aufregendere Orte als diese – aber wir wissen uns auch in diese »heiligen Hallen« zu bewegen. Wir verschieben einfach ein bisschen die Funktion dieser Einrichtungen und schon tritt das »Haben-Wollen« in den Hintergrund und »Erleben« in das Zentrum. Eine urbige Möglichkeit ist, zu visualisieren, dass man sich hier in einem Museum für zeitgenössische Kunst befindet. Andy Warhol hat schon in den 60er Jahren prophezeit, dass Kaufhäuser der Zukunft diese Stellung einnehmen könnten. Tja, recht hatte er, denn es ist zweifellos so, dass die skurrilsten, außergewöhnlichsten und faszinierendsten Gegenstände, die kreative Geister je ausspucken können, in den Shoppingmalls zu finden sind. Formen, Farben, Materialien – ein optisches und haptisches Manifest – hier werden haufenweise Synapsen gebildet – keine Frage ;-) allerdings keine, die süchtig machende Botenstoffe brauchen. Einfach nur durchgehen und sich an der Aussagekraft jedes Ausstellungsstücks erfreuen. Anfassen ist meist erlaubt! Die zweite Möglichkeit, einen aufregenden Tag im Shoppingcenter zu verbringen ist, sich die Lokalität als bewegten Hindernisparcours vorzustellen. Ideal ist so ein Unterfangen an einem Samstag Nachmittag. Ihr glaubt nicht, wie herausfordernd es ist, sich vollkommen konzentriert durch hektische, unkoordinierte Menschenmassen zu manövrieren. Da ist Gegenwärtigkeit, Reaktionsvermögen, Einschätzungsvermögen und Menschenkenntnis von Nöten, um am anderen Ende anzukommen, ohne eine Person gestreift zu haben. In der Gruppe macht dieses Spiel besonders viel Spaß! 1. SCS – SHOPPING CITY SÜD Anfang der 70er Jahre, inmitten von Ackerland, entstand dieses erste Einkaufszentrum Österreichs. Im Laufe der Jahre ist die Konsumanlage auf etwa 225.800m² reine Verkaufsfläche angeschwollen, allerdings ohne die umliegenden Fachmärkte mitzuberechnen. Also ein wahrhaft riesiges Museum, das jährlich etwa 25 Millionen Menschen besuchen, die – weil zu Stoßzeiten in Massen auftretend, auch für den anspruchsvollsten »Indoor-Hindernisparcours« der City sorgen. Die Containerstadt ist auch mit der Badner Bahn zu erreichen, denn die 150.000 Autos, die täglich die Shopping City passieren, sind schon mehr als genug. Tipp für Shopping-Stressopfer: Ein Häuserl-Schau-Spaziergang durch die »Blaue Lagune« nebenan ist recht erholsam! 2. DONAUZENTRUM Die Ausstellungsfläche beträgt hier rund 130.000 m² und zusätzlich kommt der Besucher in den Genuss, die neuen architektonischen Maßstäbe des Shoppingcenterbaus auf sich wirken zu lassen. Ob diese wirklich zur Erholung beitragen oder noch mehr zum Kauf animieren, sei dahingestellt. 3. SHOPPING CENTER NORD »Mehr brauch ich nicht zum Glücklichsein« ist schon der Slogan dieser 32.000m² großen Anlage. Elitäre Shops gibt es nicht, auch der Besucherstrom ist rückläufig. Doch das Center hat was: Zum Studium seltsamer Wesenheiten gibt es selten bessere Orte. EINE AMERIKANISCHE ERFINDUNG? 1956 entstand mit dem Southdale Center bei Minneapolis das erste Einkaufszentrum – geplant von dem österreichischen Architekten Victor Gruen, der als Vorreiter des modernen Shoppingcenter-Baus gilt. Das Konzept war neu, denn zum Unterschied von Kaufhäusern ist der Betreiber nur Vermieter von Geschäftsflächen und kein Handelstreibender. Das erklärt, warum diese Bauten meist am Stadtrand, auf billigem Boden errichtet werden. Denn Attraktivität sollte der Branchenmix – bestehend aus Magnet- und Kleinbetrieben – und das damit verbundene, enorme Warenangebot bringen. Aktionsprogramme sowie ein integriertes Gastro- und Unterhaltungsangebot rundeten das Konzept ab. Und es ging auf. Für die Großstädte allerdings ein Fiasko, denn der Individualverkehr stieg rasant und Stadtteile verödeten komplett. INFOS ZUM THEMA SCS – Shopping City Süd: Montag, Mittwoch, Freitag: 9:30 bis 19:00, Donnerstag: 9:30 bis 21:00, Samstag 9:00 bis 18:00, 2331 Vösendorf Donauzentrum: Montag - Freitag: 9:30 bis 20:00, Samstag 9:00 bis 18:00, 1220 Wien, Wagramer Straße 81 Shopping Center Nord: Montag - Mittwoch: 9:00 bis 19:00, Donnerstag, Freitag: 9:00 bis 20:00 Samstag 9:00 bis 18:00, 1210 Wien, Ignaz Köck Straße 1 Ein Point aus dem Buch WIEN GEHT Autorin: Jine Knapp |