Ich sag’s gleich: Dieser Weg war einer der Besten, den ich und Ophelia bis jetzt gegangen sind! Mit dem 60er zum Ambrosweg, die Enten und Möwen im Rückhaltebecken bei der Liesing beobachtet, den Einlauf der Dürren- in die Reiche Liesing genau angeschaut und photographiert und dann dem Lauf der Dürren Liesing folgend weiter spaziert.
Zuerst die Pfitznergasse entlang, wo der Bach in einem Steinbett eingezwängt ruhig dahin fließt. Alle Häuser, die auf der anderen Seite des Baches liegen, haben eine eigene, private Brücke zum Gartentor. Wie nobel! Am Ende der Pfitznergasse überqueren wir die Ketzergasse und kommen zur Schillerpromenade. Hier ist auch die Endstation der Linie 60 und eine nicht zu übersehende Tafel zeigt die Wanderwege in der Umgebung genau an. Wir folgen nicht dem Stadtwanderweg nach, das tun wir nie, das tun nur Anfänger, sondern gehen an der Dürren Liesing entlang weiter. Die Dürre Liesing macht uns aber einen Strich durch die Rechnung, weil sie neben den Bahngeleisen entlang fließt und da dürfen wir nicht, weil das lebensgefährlich ist. Wir nehmen also einen Umweg, die Hochstraße hinauf, am Waldsanatorium Purkersdorf vorbei bis zur Waldmühlgasse. Diese Gasse führt bis nach Kaltenleutgeben, immer an der Dürren Liesing entlang, die neben den Bahngeleisen vorbei fließt. Ich sehe sie zwar nicht, aber ich höre ihr Plätschern. Einmal überquere ich die Bahngeleise doch und schaue mir das Bachbett an. Auch hier überall kleine, private Brücken, die zu den Gartentoren führen. Links eine verfallene Ruine und alle Sorten von Industriemüll….Auf der anderen Seite der Straße ist der Zugberg mit der Mizzi Langer Wand, den wir heute nur aus der Ferne anschauen. Wir kommen zu einer aufgelassenen, aber noch deutlich erkennbaren Waldmühle. Gleich dahinter ragt das riesige, verlassene Zementwerk in die Höhe und verdeckt die Aussicht auf den Wienerwald. Der Pfad führt gleich daneben durch den Wald weiter. Bei einem leicht zu übersehenden, grünen, schon morschen Stiegenabgang zweigen wir ab. Vorsicht, Rutschgefahr! Der erste Schock des Tages. Wo früher das Kalkwerk mit den Streetartwerken war, klafft ein riesiges Loch. Eine richtige Wunde. Nur noch Schotter überall und eine einzige, übrig gebliebene Mauer mit schon verblassenden Kritzeleien. Wir stehen vor einem Gitter, auf dem BAUSTELLE! BETRETEN VERBOTEN! steht und schlüpfen auf der Seite hinaus, an der Dürren Liesing entlang weiter. Hier gibt es einen netten kleinen Wanderweg, so dass man nicht auf der Straße gehen muss. Jetzt dürfen wir endlich ganz nah am Bach entlang spazieren, im Sommer die Füße kühlen oder durch das Wasser waten, ich beginne zu träumen und schon sind wir in Kaltenleutgeben am Dreifaltigkeitsplatz. Laut Stadtplan soll hier in der Nähe die Dürre Liesing entspringen, aber wir werden später erfahren, dass das nicht stimmt und ich sehe auch nirgends eine Quelle. Am Dreifaltigkeitsplatz führt die Flösselgasse steil nach oben bis in den Wald. Da gehen wir jetzt hinauf. Wir begegnen einer leisen Nordic Walkerin, die wir heute schon bei der Liesing gesehen haben. Sie fragt uns, ob wir geflogen seien, wir unterhalten uns ein bisschen und sie erzählt mir, dass sie in Kaltenleutgeben wohnt und das Kalkwerk schon im Oktober abgerissen worden sei. Dort sollen jetzt 250 bis 600 Wohnungen gebaut werden. Die Leute hätten Angst, weil dann zu jeder Wohnung mindestens 2 Autos gehörten, weil die Busverbindung so schlecht sei. Was für Aussichten! Dann zeigt sie mir noch den Weg zum Goldfischteich, gleich rechts am Ende der Flösselgasse in den kleinen Pfad hinein. Vor uns liegt ein entzückender türkiser Teich, wo sie im Sommer immer sitze, weil es dort so ruhig und friedlich sei. Die nette Dame hat mich noch gewarnt, dass die Jäger hier auf alle frei herumlaufenden Katzen und Hunde schießen. Mein Hund rennt voller Begeisterung um den Teich herum und schlabbert Wasser. Das Gelände um den Teich ist eine richtig trockene Heidelandschaft. Wir befinden uns ja im Kalkwienerwald, die Dürre Liesing heißt deshalb so, weil ihr Wasser so schnell im Kalk versickert. Wir gehen bergauf und kommen zu einer riesigen Fläche, wo Kalk abgebaut wird. Überall Schilder mit Instruktionen, was bei Sprengungen zu tun ist. Da aber Samstag und kein Mensch zu sehen ist, nur ein parkender Bagger, gehen wir weiter. Der Weg daneben wäre nämlich ein Irrweg, der ins Nichts führt. Jetzt stehen wir auf einer Lichtung: Das ist die Seewiese, die war früher auch einmal ein Teich und sie hat immer noch viele feuchte Stellen. Hier ist auch irgendwo die Vereinsquelle, aber die suche ich gar nicht, weil sie schon lange vertrocknet ist. Wir kommen zur Kugelwiese und einem Gasthaus, die Wanderer sitzen im Freien in der Sonne. Was für ein Frühlingstag mitten im Winter. Herrlich! Heute sehe ich ununterbrochen seltsame Luftspiegelungen, Lichtflecken, in denen sich die Spektralfarben spiegeln. Was das wohl bedeutet? Außerdem sprießen überall Schlüsselblumen aus dem Boden. An der Waldandacht vorbei, weil ich dort noch nie war und es dort so schöne moosbewachsene Kalksteinstufen gibt, klettere ich hinauf und schaue den Abhang hinunter. Buchenwald. Wir spazieren weiter am Weg zur Kammersteiner Hütte vorbei bis zum Wegweiser, der zum Buchbrünndl zeigt. Da steigen wir hinunter. Das Buchbrünndl rauscht, es gibt Trinkwasser, mitten im Winter. Hinter dem Namen Buch verbirgt sich etwas Geheimnisvolles: Das Wort Buchstaben kommt von den Buchenstäben, auf denen die Kelten Inschriften eingeritzt und weiter transportiert haben. In fast jedem Wiener Wald gibt es einen Buchberg, weil es dort so viele Buchen gibt. Woher wohl der Name Buchbrünndl kommt, von den Buchen oder von den Büchern? Jedenfalls ist das im Sommer ein idyllischer Platz, um ein Buch zu lesen! Zur Kammersteiner Ruine, der Weg ist steil und rutschig, aber als Belohnung lockt der Teich. Hier habe ich einmal im Sommer geglaubt, ich sehe eine Fata Morgana, es war unerträglich heiß, habe mir nichts sehnlicher gewünscht, als mich irgendwo abzukühlen und plötzlich sah ich durch die Bäume Wasser schimmern. Es war keine Fata Morgana, dort waren viele Menschen, die nackt gebadet haben und ich bin auch ins Wasser gesprungen. Heute schaue ich mir nur den Sonnenuntergang an, der sich im Wasser spiegelt. Wir sind nicht allein, ein alter Herr erklärt mir, dass der andere Teich Flösselteich heißt und dort viele Goldfische waren, nur hätte ein Zoohändler die alle ausgefischt und verkauft. Es gäbe noch eine Schildkröte dort und vor ein paar Tagen habe er ein Brandentenpaar gesehen! Er sagt mir auch, dass die Dürre Liesing nicht am Dreifaltigkeitsplatz, sondern ein Stück weiter aus zwei Quellen entspringe. Die suche ich im Sommer, wenn es nicht mehr zu kalt ist zum Schwimmen! Autor und Bilder: A. Fink Gehen war nie so ganz mein Ding. Einer wie ich fährt lieber mit der Ducati, und zwar schnell. Die Schönheiten der Natur werden nicht durchcruist, wie das fransenbejackte Wochenendrocker auf ihren blankpolierten und viel zu lauten Harleys tun. Biedere Schreibtischmenschen sonst, die in Anzug und Krawatte in ihren Büros sitzend meinen, die Geschicke von Wirtschaft und Politik zu lenken, in Wahrheit aber nichts anderes sind, als kleine Rädchen in einer sich längst verselbständigt habenden Maschinerie aus computergenerierter Verlustverwaltung. Nein, die Natur sehe ich am Exelberg nicht, denn ich muss mich darauf konzentrieren, in den Kurven zwar in letzter Sekunde, aber eben doch nicht das Alzerl zu spät den Anker zu werfen, um auf der Straße zu bleiben und nicht in sie hineinzurasen.
Umso erstaunlicher ist es, wie sehr ich eben diese Natur zu genießen vermag, wenn ich mich aufraffe, die winterliche Landschaft meines Heimatortes Sievering zu bespazieren. Ich tue das vornehmlich Wochentags, denn wenn ich durch Wald und Flur stapfe, will ich niemanden sehen. Gar niemanden. Alleine will ich sein, wie im Sattel meines Eisens, auf dem ich unter keinen Umständen jemals irgendjemanden bei einem Ausritt dabei haben wollte. Denn als durchaus geselliger Mensch, bin ich im Grunde meiner Seele ein misanthropischer Einzelgänger. Und genau dieses Alleinsein gelingt selbst in dieser, am Wochenende von Heerscharen frischluftsuchender, in grotesker Aufmachung Nordic-Walking-Stöcke hinter sich herschleifenden Wandervögeln heimgesuchten Gegend des 19. Bezirks aufs aller hervorragendste. Dabei bin ich bei der Auswahl meiner Wanderroute (alles, was länger als 30 Minuten gehen bedeutet, ist für mich eine Wanderung) weder einfallsreich, noch sonderlich originell. Ich folge den ausgetretenen Pfaden des gemeinen Wochendfrischlüftlers, nur dass dort in den von mir bevorzugten frühen Abendstunden keiner Frischluft sucht, außer mir. Die Route ist ausgesprochen simpel und führt über den Schulsteig (Station 39a – für die, die nicht wie ich gleich dort wohnen) die steilen, meine Raucherlunge zerfetzenden Steige der Bellevuestraße zum wenig originellen Wanderziel des wochentags gesperrten Oktogons. Diesen Weg nehme ich aber nicht direkt, sondern mache kleine Umwege durch den unverspurten Schnee, der die Bellevuestraße säumenden Weinberge. Weinberg muss sein, denn da ist nicht einmal vereinzelten Joggern zu begegnen und Schnee muss auch sein, weil er schön ist. Und so hatsche ich einfach einher, ohne etwas zu hören und auch ohne mich viel umzuschauen, denn ich kenne diese Gegend mittlerweile so gut, dass ich bereits jedem Rebstock da oben seinen eigenen Namen gegeben habe. Manch einen grüße ich freundlich, wenn ich das Gefühl habe, lustig sein zu müssen. Da aber niemand Zeuge meines prächtigen Humors wäre, unterlasse ich diesen Unsinn meist und gehe einfach nur. Es soll Menschen geben, die beim gehen denken, sich innerlich sammeln, Betrachtungen über Sinn und Unsinn des Lebens und des Universums anstellen, oder sich gar kreative Schübe holen - nichts dergleichen tue ich. Ich gehe einfach tumb und stur und vor allem alleine. Nichts denkend nichts wahrnehmend, außer dem Geräusch meiner im Schnee knirschenden Schritte, die ich einen vor den anderen setzend, so lange fortführe, bis sie mich durch den Wald hinter dem Oktogon zurück an den Beginn meiner Wanderung getragen haben, meiner Wohnung in Sievering. Und genau das ist es was ich genieße. Dieses Nichts. Diese absolute Sinnlosigkeit meines Tuns. Das nicht Denken, das nicht Betrachten, das nicht Schauen und nicht Hören, das in gewissem Sinne nicht Sein, in einer Welt, in der jeder immer und ohne Unterbrechung sinnvoll zu sein hat. Deshalb mache ich das und es macht mir Freude. Autor: Fred Stampach Eigentlich wollte ich ja heute den Lauf der Dürren Liesing verfolgen, aber da ich so lange darauf gewartet habe, dass sich der Akku der Kamera auflädt, gehe ich heute in einen Bezirk, der mir bis jetzt fremd geblieben ist. Außerdem war es mein Neujahrsvorsatz, nicht ständig die alten, ausgetretenen Pfade, sondern neue, unbekannte Wege zu erforschen!
Wir besuchen die Josefstadt. Zwei Dinge interessieren mich: Stimmt das Vorurteil, dass der VIII. Bezirk „ein überalteter Beamtenbezirk“ ist und gibt es hier überhaupt Grünflächen? Los geht’s über die Schmelz durch die Hyrtlgasse, wir kommen am Geschäft des Bodenlegermeisters ELVIS COSTELO vorbei. Hat er den Beruf gewechselt oder ist das ein Anderer? Ich bin erheitert. Geradeaus weiter durch die Bachgasse bis zur Ottakringerstraße. Die Bachgasse erinnert an den Ottakringerbach, der hier durchfließt. Auf einer Hausmauser steht: Lieber AMS als Polizist. Auf Twitter hab ich gelesen, dass die Straßenkünstler die Propheten von heute sind. In der Friedrich Kaisergasse gibt es noch ein Tröpferlbad! An der Ecke Abelegasse/Haberlgasse fällt mir ein Haus auf, das bemalt ist wie die Geisterbahn im Prater: „Wenn deine Stadt ein Tier wäre, was für eins wäre es?“ oder so…. Wo das bunte Treiben anfängt, muss der Brunnenmarkt sein. Die Häuser modern und strömen einen fauligen Geruch aus. Das kenne ich von der Gegend hinter dem Landstraßer Bahnhof. Zum Erbrechen! Wir gehen über den Gürtel am Café Carina und der Ubahnstation Josefstädterstraße erbaut von Otto Wagner, ehemals Stadtbahn, vorbei und schon sind wir in der Josefstadt! Den Schriftzug REISEBÜRO wollte ich schon lange für meine Wienschriftsammlung photographieren, hab ihn bis jetzt aber immer nur aus der Straßenbahn Numero 5 gesehen. Das kleine, feine Plattengeschäft RED OCTOPUS, das auf Jazz spezialisiert war, lag gegenüber und existiert leider schon lange nicht mehr. Wir gehen auf der Josefstädterstraße weiter. Im LE FROG kaufe ich mir einen Schal und eine Mütze, weil ich immer so friere. In der entzückenden Confiserie daneben frage ich, ob es etwas mit Kokos, Orangen und Schokolade gibt. Die nette Dame hinter der Budel zählt eine lange Liste auf, Orangenmarzipan, Kokosstangen, Orangenstangen, Orangentrüffel…. und stellt mir einen Mix aus allen Sorten zusammen. Dann schenkt sie mir noch einen hübschen Wandkalender. Ich habe Hunger und esse in der Pizzeria RUFFINO einen Fogosch mit Spinat und Rosmarinerdäpfeln. Dann lese ich den Briefwechsel zwischen Gerhard Fritsch und Thomas Bernhard und trinke einen Capuccino. Das Lokal ist sehr gemütlich und empfehlenswert. Es ist bereits dunkel, als wir wieder auf der Josefstädterstraße sind. Ich gehe vor bis zur schönen, alten Buchhandlung Eckart. Dort sticht mir "TRIEST VERKEHRT" Fünfzehn Spaziergänge in der Stadt des Windes ins Auge. Das brauche ich, vielleicht inspiriert es mich ja für weitere Spaziergänge durch Wien, auch eine windige Stadt. Wir biegen in die Fuhrmannsgasse ab und kommen zur Piaristenkirche. Ein freundlicher Inder zeigt mir einen Durchgang zum Jodok Fink Platz und erklärt mir, dass dieser von 8 Uhr morgens bis 8 Uhr abends geöffnet sei. Auf einer Tafel steht, dass hier Anton Bruckner an der Orgel geprüft wurde und die Lehrer darauf sagten: „Er hätte uns prüfen sollen!“ Das gefällt mir. Endlich finden wir einen Park mit einer Hundezone, sehr idyllisch versteckt an der Hinterseite des Völkerkundemuseums mit einem Teich und weißen Sesseln wie in Paris. Meine Hündin Feli schließt Freundschaft mit einer Deutschen Kurzhaarhündin, die aussieht wie ihre Zwillingsschwester. Wir gehen weiter und stehen auf der Alserstraße, biegen bei der Kreuzung ab und sind wieder im achten Bezirk in der Albertgasse. Hier, auf Nummer 17, finde ich endlich die Konditorei CUP CAKES, die ich schon lange suche. Wir sind zu früh abgebogen, denn auf der Josefstädterstraße Nummer 17 gäbe es noch eine Filiale. In der Auslage ein Schild: LIFE IS SWEET. Das Motto des heutigen Tages! Wir sind bereits in der Lerchenfelderstraße, die zwar schon zum siebten Bezirk gehört, aber ich kann nicht vorbei gehen an der berühmten Buchhandlung Posch, ohne die Auslagen zu bewundern. Diese kleine, feine Buchhandlung gab es schon, als ich noch studiert habe. Sie ist von oben bis unten mit Büchern vollgestopft und Herr Posch und seine Frau sind Kapazitäten, was die Suche nach besonderen Büchern betrifft. Ich gehe ein paar Schritte und da kommt Herr Posch höchstpersönlich auf mich zu und erkundigt sich, wie es mir geht, obwohl ich ihn schon jahrelang nicht mehr gesehen habe. Wilde Freude. Auf Nummer 63 stehen bunte Gartensessel vor einem mexikanischen Geschäft und werfen aparte Schatten. Ich bin so bezaubert, dass ich mich nach dem Preis erkundige: bis Ende Jänner noch 298 und dann 318 Euro. Hier gibt es auch Decken, Möbel, Schmuck, Teppiche in den fröhlichen Farben Mexikos. Alles Fair Trade und handgemacht. http://www.mexiko4u.at Zum Abschluss photographiere ich noch den schönen Schriftzug PELZE für meine Sammlung, denn diese alten Schriften können von einem Tag auf den anderen verschwunden sein. Dann fahre ich mit der Straßenbahn zum Heldenplatz, damit sich Feli endlich richtig austoben kann. Résumé: Die Josefstadt ist nicht besonders grün und hundetauglich, dafür gibt es viele wunderschöne Geschäfte und Lokale. Vergesst die Mariahilferstraße und geht in die Josefstadt flanieren und einkaufen! Autor und Bilder: A. Fink Wie beim letzten Walk versprochen, geht`s heute wieder zur Liesing. Der Name "Liesing" kommt aus dem Slawischen, Lieznička, und heißt Waldbach. Ich finde das sehr treffend. Die Sonne strahlt, es ist warm, Gegenlicht, was für ein Tag!
Über den Rustensteg zum Auer-Welsbach-Park, durch den Hadikpark zum 60er bis Kaiser-Franz-Josef-Straße. Auf dem Ambrosweg zum Bach. Da gibt es eine ganzheitliche Astrid Lindgren-Schule, die ist rot und schaut daher aus wie ein schwedisches Gebäude. Ich finde ein Kilo Mandarinen am Ufer der Liesing, gefroren, aber nicht verfault und nicht verschimmelt. Ein Sorbet, wie köstlich! Der Graureiher ist nicht zugegen, ich bin enttäuscht. Dafür schaue ich mir die Mündung der Dürren Liesinggenauer an. Wo kommt sie her? Das wird mich jetzt noch länger beschäftigen… Die Dürre Liesing ist der Bach an der Endstelle der Straßenbahnlinie 60 in Rodaun, sie kommt aus Kaltenleutgeben, oft ist sie aber gar nicht vorhanden, weil sie so wenig Wasser mit sich führt, im Sommer zum Beispiel. Sie fließt am Zementwerk vorbei, da, wo der Kaltenleutgebner Teich ist, in dem Baden verboten ist. Hier, wo ich gerade stehe, am Zusammenfluss von Dürrer und Reicher Liesing, bildet sich ein tiefes Bassin, in dem Schwimmen sehr angenehm wäre. Warum ist jetzt nicht Sommer? Die Dürre Liesing ist im Moment nämlich gar nicht arm und dürr, sondern ziemlich fett. Sie scheint das Schneewasser zu transportieren von dem Schnee, dem wir bald begegnen werden. In dem Bassin schwimmen Enten und Möwen, sonst ist der Teich zugefroren. Ich gehe über die Holzbrücke weiter in Richtung Kalksburg, vorbei an den Stellen, wo ich im Sommer gebadet und Blauflügelprachtlibellen photographiert habe. Wir befinden uns auf der Hofmannsthal Promenade, der Dichter hat ganz in der Nähe im Fuchsschlössel gewohnt, wenn wir bei der nächsten Holzbrücke zur Ketzergasse abbögen, fänden wir es auf Nummer 471. Wir gehen jetzt unter der Brücke über die Straße durch, oben dürften wir gar nicht, denn da steht WINTERSPERRE. Unten steht: FUCK FOR INFORMATION und das Wasser, das aus dem undichten Betonpfeiler spritzt, unterstreicht diese Aufforderung lautstark. Wir kommen zu einer Furt, diese seichte Stelle ist im Sommer bei Kindern und Hunden sehr beliebt, weil man wunderbar über Steine im Wasser klettern kann. Dann sind wir vor einer Kapelle, auf deren Innenwand lese ich, dass hier vormals ein BADEHAUS stand! Das ist des Rätsels Lösung auf Seite 197 im Buch MISSION WIEN ;) Wenn wir jetzt über die Brücke gingen, kämen wir zur Hochstraße und zur Dürren Liesing, das tun wir nächstes Mal, denn das ist der Plan für den nächsten Walk. Wir gehen über die Haselbrunnerstraße zum Forstweg in Richtung Wiener Hütte. An der Mauer des Jesuitenkonvikts entlang, aber nicht zur Hütte, denn die ist jetzt geschlossen und überhaupt pfeife ich auf sie, seit ich einmal in einem heißen Sommer mit meinem alten Dalmatiner dort war und sie uns nicht einmal Wasser gegeben haben. Es war zwar geschlossen, aber sie waren ja dort. Wir hätten so gehen sollen wie jetzt, dann wären wir zur Liesing gekommen, wo es genug Wasser zum Trinken gibt! Nämlich geradeaus weiter bis zum Ende der Mauer, das Jesuitenkonvikt ist deutlich sichtbar, sonst wird es von den Bäumen verdeckt, die jetzt kahl sind. Links ginge es zum Zugberg und zur Mizzi Langer Wand, ein Tip für Klettermäuse. Auch schön! Auf dem Weg liegt Schnee, immer mehr, je höher wir gehen. Also beschwert euch nicht darüber, dass es keine weißen Weihnachten gibt, sondern geht in den Wald! Auf dem Moos glitzern Wassertropfen, weil es so warm ist, dass der Schnee schon wieder schmilzt. Der Weg ist schön und lang und ich verfalle in Gehtrance. Nach einem Holzstoß treffen wir auf Orientierungspfeile, wir gehen in Richtung Kalksburg. Die Sonne verwöhnt mich mit Gegenlicht, das ich so liebe, nur meine Kameras nicht. Was für ein herrlicher Tag! Wir sind im Leopoldsdorfer Wald und der breite Weg, der den Berg wieder hinunter führt, hat sogar einen Namen: Liechtenstein-Höhenstraße. Das gibt’s doch nicht! Ist schon Frühling? Am Wegrand wachsen Schlüsselblumen im Schnee! Unglaublich. Ein Christbaumverkäufer hat mir erklärt, warum: Es war kalt, dann wieder warm und durch das geschmolzene Wasser hatte die Pflanze genügend Nährstoffe, um zu wachsen. Der Weg endet bei einem Tennisplatz und wir treffen wieder auf die Reiche Liesing, die die Leute hier einfach Liesingbach nennen. Sie kommt dieses Mal aus Breitenfurt. Über eine Holzbrücke gehen wir auf die Otto- Edelmann-Promenade, die einem Kammersänger gewidmet ist. Hier fließt der Gütenbach in die Liesing. Ich ärgere mich, weil die Gstätten, die es früher hier gab, eingezäunt und zugesperrt ist. Wir stehen vor dem Kollegium Kalksburg, eine goldene Madonna leuchtet hinter dem versperrten Tor beim Eingang. Hier hat André Heller im Internat gewohnt und die Grausamkeiten der österreichischen Seele kennen gelernt. Mein Hund jagt Enten und springt ins Wasser und findet nicht mehr zurück, weil die Mauern so hoch sind. Hunde bitte an die Leine nehmen, damit so etwas nicht mehr passiert. Außerdem sollten HundebesitzerInnen zuallererst Rücksicht auf Wildtiere nehmen, sag ich immer und tu es selber nicht. Naja, meistens schon. Wir kommen zur Promenade, spazieren an der Liesing entlang zurück zum Ambrosweg, von wo wir gekommen sind. Die Sonne geht gerade unter und beleuchtet den Teich, wo die Dürrein die Reiche Liesing fließt und in dem Enten schwimmen. Die Sonne hat sich von ihrer besten Seite gezeigt an diesem kürzesten Tag des Jahres. Sehen wir uns ab morgen wieder öfter? Autor und Bilder: A. Fink In der Straßenbahnlinie 58 sitzt eine lustige amerikanische Familie, die das Schloß Schönbrunn sucht und mich an diesem grauen, kalten Tag aufheitert. Besonders der kleine Bub, der so herzlich lacht, dass mir ganz warm ums Herz wird. Er diskutiert mit seiner Schwester: Sie will einen rabbit und er einen puppy dog, den er ins Bett mitnehmen kann. Sie werden sich nicht einig, aber da ist das Schloß schon und sie steigen aus.
Ich fahre weiter und gehe zum Küniglberg, damit sich mein Hund austoben kann. Dann weiter mit dem 60er bis zur Kaiser-Franz-Josef-Straße, zum Ambrosweg, der zum Ententeich führt. Es ist eiskalt, alles ist angezuckert, der Schnee schaut auch wirklich aus wie Zucker, weil er halb gefroren ist. Diese Stelle ist deshalb sehr interessant, weil hier die Dürre und die Reiche Liesing zusammenfließen. Die Dürre ist der kleine Wasserfall, der aus dem Felsen kommt. Deutlich sichtbar. Die Dürre Liesing heißt deshalb so, weil sie durch die Kalkzone fließt, also im Erdreich versickert. Die Reiche Liesing fließt durch die Flyschzone, das heißt sie kann schnell zu Hochwasser führen, weil der Boden das Wasser nicht aufnimmt. Für Wanderer deutlich erkennbar als Gatsch, der einen im Frühjahr nach der Schneeschmelze immer so erfreut. Gummistiefel anziehen und das Problem ist gelöst. Es macht dann sogar Riesenspaß, durch den Dreck zu gehen. Ich überlege, ob wir nach rechts in Richtung Biotop oder nach links in Richtung Zugberg gehen sollen. Beim Biotop gibt es Biber und Graureiher, beim Zugberg Wald und eine Kletterwand und das Kollegium Kalksburg, wo André Heller im Internat war und wenn wir noch weiter gingen, kämen wir zum Kalkwerk. Ich entscheide mich für das Biotop, zum Zugberg gehen wir am Samstag. Nach ein paar Schritten steht er vor mir: ein prachtvoller Graureiher in graublau, grau und weiß. Durch das trübe Winterlicht sieht er aus wie Graf Robert de Montesquiou auf dem Gemälde von Giovanni Baldini. Er lässt sich photographieren, schaut in die Kamera und bewegt sich nicht. Ganz offensichtlich friert er, außerdem schaut er traurig aus, aber vielleicht projiziere ich das nur in ihn hinein an diesem traurigen Tag. Wir kommen zu den Schnellbahnpfeilern, die Graffiti spiegeln sich im Wasser der Liesing. Das sehe ich zum ersten Mal. So unbewegt ist das Wasser, es wird bald zufrieren. Weiter zur Aumühlgasse, war hier einmal eine Mühle, eine Au? Wir müssen den Bach kurz verlassen, weil der Weg aufhört, im Sommer könnten wir durch den Bach waten, obwohl die Liesing an manchen Stellen ziemlich tief ist. Über einen Aufruf, der am Zaun klebt, amüsiere ich mich: 200 € Finderlohn für den, der den Sprayer ausfindig macht, der auf die Gartenmauer gesprayt hat! Liebe Sprayer, lasst private Häuser in Ruhe! So, jetzt sind wir beim Riverside Komplex angelangt, einem Wohngebäude mit Einkaufszentrum in Form eines Luftschiffs, das die Liesinger Brauerei ersetzt. Zur Erinnerung an die Brauerei gibt es eine Gedenktafel auf der Brücke über die Liesing. Ich weine ein bisschen um die Brauerei, weil mir so kalt ist, will ins Einkaufzentrum, um mich zu wärmen, aber auf dem Weg verirre ich mich wieder einmal und stehe im Hinterhof des Gebäudes. Es scheint mitten in den Wald hineingebaut worden zu sein, denn da stehen noch ein paar einsame Bäume auf einem kahlen Hügel. Der Aquädukt, den wir schon bei der Aumühlgasse gesehen haben, geht hier weiter. Er leitet das berühmte Hochquellwasser aus dem steirischen Gebirge in die Stadt Wien, früher direkt in den Speicher vor meiner Tür beim Meiselmarkt, wohin jetzt, weiß ich aber nicht. Ich muss dem nachgehen….Wir gehen aber so und so in die andere Richtung, unter der Schnellbahn durch und schon sind wieder beim Bachufer. Ich komme an einem Autofriedhof vorbei, HACH! Dann ein großer, mächtiger Wasserfall, groß für die Verhältnisse der eher schmalen Liesing. Ein junger Mann hat Brot in den Bach geworfen, das Brot schwimmt sehr schnell zum Wasserfall, stürzt sich das Gefälle hinunter und unten wartet schon ein Entenschwarm auf das Futter. Die Liesing verschwindet jetzt unter einer Brücke, deshalb gehen wir durch den Park hinter dem Wohnhaus und stehen bei einer Kreuzung. Das ist die Brunner Straße. Seltsam, als ich beim Marchfeldkanal war, stand ich auf der Brünner Straße. Lauter Brunnen, aber eine ganz andere Gegend. Gegenüber ist ein Haus mit einem hübschen, noch erhaltenen Graffito, einer Wandzeichnung, die die Schmiede der Anna Pittenauer von 1507 darstellt. Erstaunlich! An diesem Haus vorbei nach links und schon sind wir wieder beim Bach. Bald sind wir bei den Wohnsilos in Alt Erlaa, das alte zugewachsene Haus auf dem Weg fasziniert mich, war das eine Fabrik? Vorbei an Eisenkunstwerken und Baumkunstwerken. Feli trifft eine Spielgefährtin und saust mit ihr ein paar Runden. Da wird ihr wenigstens nicht kalt. Wer jetzt Hunger hat, kann in die Patisserie Landtmann oder ins Einkaufszentrum Alt Erlaa gehen. Wir gehen weiter über die Altmannsdorfer Straße. Wer jetzt nach links abböge, käme zum Schöpfwerk und dem Parkplatz, auf dem der Film INDIEN anfängt, mein Lieblingsfilm, obwohl TRIEST gute Chancen hätte, mein neuer Lieblingsfilm zu werden. Wir gehen durch ein Tor, das zu Kleingärten führt, daran vorbei und da sind sie: Krähenschwärme. Wir kommen schon wieder zu einer Autobahn, das muss die Triester Straße sein, denn von ferne sind die Wienerbergtürme zu sehen. Über die Kreuzung, an der Liesing entlang, wir stehen vor hohem Schilf. Das ist der Teich, ich gehe bis zum Ende des Biotops. Auf einem Häuschen steht: FROST. Wir sind wirklich schon halb erfroren, ich muss noch auf die andere Seite, denn da habe ich im Sommer einen großen Biber gesehen, aber heute sehe ich weder Biber noch Graureiher, dafür ist der Teich halb zugefroren. Wir sind jetzt auch nicht mehr ganz fit, gehen zurück zur Triester Straße, wo die Linie 66A hält, die uns zur Schnellbahn in Atzgersdorf bringt. Dass ich dann 2 Stunden gebraucht habe, um nach Hause zu fahren, weil der 10A nicht gekommen ist, ist eine andere Geschichte. Die Liesing ist in der warmen Jahreszeit schöner, aber dafür tröste ich mich jetzt mit einem Video vom Sommer, wo das Licht unter das Wasser scheint. Autor und Bilder: A. Fink |
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