Dunkle Stationen: Erschaudernd in Wiens schwärzeste Kapitel eindringen!
Ein düsterer Tag. Die Sonne schafft es nicht den Nebel zu vertreiben und die eigene Psyche treibt dasselbe Spiel – ein urbiger Grund, um Wiens dunkle Stätten zu begehen. 1. FOLTERMUSEUM WIEN Schwerpunkt dieser Sammlung sind mittelalterliche Foltergeräte, die teilweise anhand von gestellten Szenarien mittels Puppen demonstriert werden. Amerikanische- Gruselaction-Effekte darf sich der Besucher bei diesen Nachstellungen nicht erwarten, denn es sind stille Szenen, die das Grauen sämtlicher Foltermethoden übermitteln. Meine Urb-Phantasie beflügelt haben die Vielzahl an Schandmasken – denn zu gut könnte es mancher Banker-Psyche tun, einige Tage mit einem Schweinchenkopf herumzulaufen;-). Erwähnenswert ist auch der akustisch-simulierte Fliegeralarm in dem ehemaligen Luftschutzkeller. Ob das Sirenengeheul oder die eingeschlossene Panik der einst hier Verharrenden – in mir löste das Geschehen enorme Angst aus. 2. WIENER KRIMINALMUSEUM Beim Rundgang durch das Kriminalmuseum werden die Verbrechen der letzten dreihundert Jahre veranschaulicht. Nicht wie erwartet sind nur die Entwicklungen der Wiener Kriminaltechnik und die Geschichte der Polizei dokumentiert, sondern auch die Verbrechen an sich. Fotos von Tatorten (nichts für Sensible!), originale Tatwaffen und Presseartikel des jeweiligen Verbrechens sind ausgestellt. So trifft man in diesem malerischen Gebäude auf den Schädel des poetischen Dienstmädchenmörders Schenk genauso wie auf das diabolische Grinsen der Schwarzen Witwe Blauensteiner. 3. NARRENTURM Der Turm war das weltweit erste Spezialgebäude zur Behandlung von »Geisteskranken« – 1784 eine Revolution – heute ein Gruselkabinett. Die kargen Zellen können begangen werden, die Behandlungsmethoden wie z.B. Elektroschocks werden ausführlich erklärt. Auch Praxen und Gerätschaften damaliger Ärzte sowie die größte Sammlung an »Feuchtpräparate« stehen zum Studium bereit. Sprich jede Art menschlicher Missbildung. Für etwaige Besichtigungs-Nebenwirkungen wenden Sie sich bitte an Ihren Psychotherapeuten! DER MYSTISCHE GUGLHUPF Der Narrenturm ist wohl das absonderlichste Gebäude Wiens. Erbauen ließ diese erste »Psychiatrie der Welt« Kaiser Josef II – nicht nur Reformer und Anhänger der Aufklärung, sondern auch Mystiker und Rosenkreuzer. So soll in der Konstruktion des Baus, der zum großen Teil aus privaten Mitteln des Kaisers finanziert wurde, sein Wissen um die Kabbala eingeflossen sein. Das als Ring (360°) angelegte Gebäude hat fünf Stockwerke, in denen jeweils 28 Zimmer untergebracht sind. In der Zahlenmystik steht die 360 für Vollkommenheit, die 5 für »Mensch, der du Gott suchst und findest« und die 28 für »Gott, der du Kranke heilst«. Das Quergebäude im Ringinneren ist auf den Nordstern ausgerichtet. Am Dach befand sich ein Oktogon – das Studierzimmer des Kaisers. Über sein Tun in dieser Lokalität, kann aber nur spekuliert werden. DIE RENAISSANCE DER FOLTER Der Akt des Folterns wird gerne mit dem Mittelalter verbunden. Aufgrund des Wahns der Bevölkerung vor dem »Bösen« hat – zum Großteil von der Kirche geschürt – in jener Zeit seinen Höhepunkt erreicht. Unter dem Deckmantel der Wahrheitsfindung wurde immer schon gequält. Ein fragwürdiger Prozess, denn ein Schuldbekenntnis ist für Misshandelte die einzige Erlösung. Durch die aktuellen politischen Entwicklungen rund um den Terrorwahn, laufen wir nun in Gefahr, den Prozess des Folterns wie z.B. mit Guantanamo wieder zu legitimieren. Regierungsmächte wissen, das Feindbilder das Volk lenkbar machen und es von den internen Problemen ablenken. Meist ist es eine fiktive Angst, die geschürt wird, und Beweise sind leicht zu beschaffen, denn unter Folter gesteht beinahe jeder Mensch einen Pakt mit dem »Bösen«. INFOS ZUM THEMA Foltermuseum Wien: Täglich von 10:00 bis 18:00, 1060 Wien, im Esterházypark Wiener Kriminalmuseum: Donnerstag - Sonntag: 10:00 bis 17:00, 1020 Wien, Große Sperlgasse 24 Narrenturm: (Pathologisches-anatomisches Bundesmuseum): Mittwoch 15:00 bis 18:00, Donnerstag 08:00 bis 11:00, Samstag 10:00-13:00, Feiertags geschlossen, 1090 Wien, Uni Campus, Spitalgasse 2, Zugang: Van-Swieten-Gasse Ein Point aus dem Buch WIEN GEHT Autorin: Jine Knapp Comments are closed.
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